Der Place to be für Künstlerseelen
Den kreativen Charme des Bezirks kann man auch überall sonst bestaunen, denn am östlichen Stadtrand gibt es besonders viel Kunst im öffentlichen Raum. Ob Skulpturen, Mosaike oder Malereien, auf der Marzahner Kunstpromenade, am Helene-Weigel-Platz oder an den vielen winzigen ehemaligen Trafo-Häuschen; es gibt viel zu entdecken. Das wissen auch die junggebliebenen Alten, die schon lange in Marzahn und Hellersdorf wohnen. Schließlich bringen sie nicht ohne Grund die einzige Senioren-Online-Zeitung in ganz Berlin heraus.
In der Platte spart sich’s leichter
Ja, berühmt sind Marzahn und Hellersdorf in erster Linie als Europas größtes zusammenhängendes Plattenbaugebiet. Für alle Plattenliebhaber ist ein Umzug in den Osten also ein Muss! Hübscher Nebeneffekt: Die Kaltmiete liegt hier durchschnittlich noch bei attraktiven sechs Euro pro Quadratmeter. Wenn ich die Wahl habe zwischen diesen paar Pimperlingen und den 11 Euro in Friedrichshain, na da weiß ich doch, wie der Hase läuft! Noch stehen sogar einige der Q3A-Paläste leer. Und Heizkosten spart man im Neubau auch noch, wenn Irmchen von oben und Peter drei Meter weiter es sich unterm Hintern sowieso schön mollig warm machen – nicht umsonst ist der Bezirk Berliner Meister im Energiesparen.
Aber man darf auch nicht vergessen, dass die Dörfer des Bezirks, nämlich Biesdorf, Mahlsdorf und Kaulsdorf, mit einem weiteren Superlativ aufwarten: dem größten Ein- und Zweifamilienhausgebiet Deutschlands! Immer mehr gutbürgerliche Familien besetzen die Ostkieze, die für sie genauso anziehend sind wie für so aus- wie abgebrannte Innenstädter. Spielplatz im Garten meets Bierkasten auf dem Balkon. Wenn das mal keine vielversprechende Mischung ist: Super Preis und Wohnqualität inklusive einem Minus an Rollkoffern und saufenden Touristen, das ist schon eine Überlegung wert. Gut, viele Spätis wird es vor der Tür der neuen Platte wohl nicht geben, in denen das gesparte Kapital in Bier umgemünzt werden kann, aber dafür gibt es im blühenden Osten ja auch viel bessere Locations.
Man kann sich alles schöntrinken
Denn nicht nur einige ehemals im Tacheles werkelnde Kunstschaffende hat es auf das Gelände der Alten Börse gezogen. Dort hat sich auch ein sympathischer Biergarten etabliert, in dem man nicht nur der Industrieromantik frönen kann, sondern auch ohne Platzangst leckeres Bier aus der eigenen Brauerei bekommt. Betrieben wird der Ort, an dem auch Kultur und Musik ihren Platz haben, von netten Menschen, die auf Wunsch auch noch leckere Snacks wie den herzhaften Braufladen zum Getränk servieren.
Hier ist es fast wie auf dem Dorf
Überhaupt: Alt-Marzahn. Der kleine Dorfkern mit Anger und Kirche wirkt angesichts der nahen Plattenbauten wie ein Freilichtmuseum. Aber dieser Kontrast hat durchaus Charme. Das Zentrum des alten märkischen Dorfes Marzahn ist gut erhalten und steht fast komplett unter Denkmalschutz. In der Mitte steht unübersehbar die Kirche, die aus dem 19. Jahrhundert stammt. Ihre mittelalterliche Vorgängerin wurde nach dem Bau des neuen Gotteshauses abgerissen. In Alt-Marzahn befinden sich außerdem die zwei Häuser des kürzlich erweiterten Bezirksmuseums und am Rand die 1994 errichtete Marzahner Bockwindmühle, die heute tatsächlich auch der Brotherstellung dient. An ihrem Fuß grasen im Sommer Ziegen.
Wer gemächlich durch den alten Dorfkern schlendert und die Entschleunigung auf sich wirken lässt, kann übrigens nicht nur beim schon erwähnten Café Grips einkehren, sondern auch beim nahen Fleischer günstig essen. Und ein paar Meter weiter wartet schon das rustikale Landhaus Marzahner Krug.
Grüner wird’s nicht
Doch es ist nicht nur das Grün an sich, das eine erholsame Wirkung ausübt. Selbst in den Platten- und Neubaugegenden ist das Gefühl von Ruhe und Weite größer als in den Innenstadtvierteln. Wer auf deren Rummel gerne verzichtet, findet in Marzahn-Hellersdorf eine Alternative zum Wegzug in den Speckgürtel.