Gaslaternen-Museum in Berlin

80 von 100 Laternen zerstört

Da leuchtet nix mehr, auch in der Nacht nicht: In dieser Laterne können es sich höchstens noch Vögel gemütlich machen.
Da leuchtet nix mehr, auch in der Nacht nicht: In dieser Laterne können es sich höchstens noch Vögel gemütlich machen.
Seit 1978 gibt es schon das Gaslaternenmuseum, jetzt sind fast alle 100 Exemplare im Tiergarten zerstört. Ein neuer Standort ist schon im Gespräch – im bürgerlichen Kiez.

Laterne Nummer 60 brennt sogar tagsüber. Es ist das Modell „Stadt Den Haag“. Mehr Positives gibt es leider nicht vom Gaslaternenmuseum im Tiergarten zu berichten. 80 der knapp 100 Exponate aus deutschen und europäischen Städten sind beschädigt, zerstört oder teilweise demontiert. In vielen Lampen sind einzelne Scheiben zerschlagen, hier haben sich Vögel einquartiert, das größte Nest ist in Laterne 79, „Stadt München“. Von der „Gemeinde Rahnsdorf“, Nummer 74, steht nur noch ein verrosteter Mast, von Nummer 66, „Brüssel“ klappert der zerbeulte Kopf im Wind hin und her.

Wie blanker Hohn wirkt, dass an einigen Exemplaren Aufkleber der Stadtentwicklungsverwaltung hängen: „Störung an einer öffentlichen Beleuchtungsanlage? Rufen Sie die kostenlose Hotline an“ – es folgt eine Nummer. Den Anruf kann man sich sparen, denn Berlin hat vor den Vandalen kapituliert. Der Senat antwortet per E-Mail. „Aufgrund der hohen Zerstörungsgrades beabsichtigt die Stadtentwicklungsverwaltung, das Gaslichtmuseum abzubauen und gegebenenfalls an einen neuen Standort wieder aufzubauen“, teilte der Senat auf Anfrage mit. Und weiter: „Alternative Standorte werden derzeit geprüft.“ Dem Vernehmen nach sind das die Schlossstraße in Charlottenburg und das Freigelände am Technikmuseum.

Gaslicht-Verein bietet keine Führungen mehr an

Zum Teil seien die Laternen nicht nur zerstört, sondern auch gestohlen worden, teilt die Verwaltung weiter mit. Der Bezirk ärgert sich schon seit Monaten über den Zustand: „Das trägt zur allgemeinen Verwahrlosung dort bei“, sagt Jürgen Götte vom Grünflächenamt Mitte. Bertold Kujath ist Fachmann für Gaslaternen. Er ist der Vorsitzende des Vereins „Gaslicht-Kultur“, und auch er ärgert sich: „Der Verfall ist weit fortgeschritten.“ Was mit den vielen abmontierten Köpfen geschehen sei, weiß er nicht. Der Zustand sei so schlimm, dass der Verein keine abendlichen Führungen mehr anbiete, „das können wir doch niemandem mehr zeigen“.

Dabei sei das Freiluftmuseum Ziel von vielen Touristen – „so viele Städte mit einem Gaslaternenmuseum gibt es nicht.“ Ende 2014 hätten Senat und Vattenfall die Pflege eingestellt, schätzt Kujath. Mittlerweile sei der Zustand „desaströs, viel schlimmer als 2008″. Damals hatten Unbekannte in einer nächtlichen Gewaltorgie mit Steinwürfen 19 der Laternen zerstört. „Originalteile sind unwiederbringlich verloren, Nachbauten dieser Kunstschätze kosten tausende Euro.“

Jedes kaputte Teil muss von Hand nachgefertigt werden

Denn jede Scheibe, jedes abgeschlagene Metallstück muss von Hand angefertigt werden, hieß es. Drei Unternehmen, darunter die Gasag, hatten damals die Reparatur mit Spenden finanziert. Nach Angaben des Senats werden die Leuchten nun von Vattenfall Berlin Licht „gewartet und betrieben“. „Über 30 Gasleuchten mussten inzwischen entfernt werden, da eine Instandsetzung vor Ort aufgrund der Erheblichkeit der Schäden nicht möglich ist.“ Zu den Kosten äußert sich der Senat nicht. Vattenfall bietet Unterstützung an: „Wenn die historisch bedeutsamen Leuchtkörper umziehen, unterstützen wir gern bei der Planung und beim fachgerechten Ab- und Aufbau.“

1978 hatten der Senat und die damals zuständige Gasag gemeinsam das Museum eröffnet, seitdem leuchteten die Laternen Spaziergängern den Weg durch den Tiergarten. Das Deutsche Technikmuseum betreut das Projekt fachlich-historisch, wie Experte Reiner Schipporeit sagt. „Das ist seit Langem traurig, das wird an diesem Standort auch traurig bleiben“, findet der Leiter der Abteilung Energietechnik. Der Standort im Tiergarten, gleich gegenüber dem S-Bahnhof, sei eine „unbeaufsichtigte dunkle Ecke“. Ein Umzug sei zu begrüßen. Das eigene Freigelände hält der Museumsmann für wenig geeignet, da es abends und nachts unzugänglich sei. „Laternen müssen leuchten und zu sehen sein“, sagt Schipporeit. Für Kujath ist der Mittelstreifen der Schloßstraße in Charlottenburg der perfekte Standort. Dort würde es auf jeden Fall weniger Vandalismus geben, sagt Kujath, zudem könne man die Lampen ja auch ab Mitternacht ausschalten. Denn: Nur eine brennende Laterne wird zum Ziel von Vandalen.


Quelle: Der Tagesspiegel

Tiergarten Park und Grünanlage, Straße des 17. Juni 100, 10557 Berlin

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