Laterne Nummer 60 brennt sogar tagsüber. Es ist das Modell „Stadt Den Haag“. Mehr Positives gibt es leider nicht vom Gaslaternenmuseum im Tiergarten zu berichten. 80 der knapp 100 Exponate aus deutschen und europäischen Städten sind beschädigt, zerstört oder teilweise demontiert. In vielen Lampen sind einzelne Scheiben zerschlagen, hier haben sich Vögel einquartiert, das größte Nest ist in Laterne 79, „Stadt München“. Von der „Gemeinde Rahnsdorf“, Nummer 74, steht nur noch ein verrosteter Mast, von Nummer 66, „Brüssel“ klappert der zerbeulte Kopf im Wind hin und her.
Gaslicht-Verein bietet keine Führungen mehr an
Zum Teil seien die Laternen nicht nur zerstört, sondern auch gestohlen worden, teilt die Verwaltung weiter mit. Der Bezirk ärgert sich schon seit Monaten über den Zustand: „Das trägt zur allgemeinen Verwahrlosung dort bei“, sagt Jürgen Götte vom Grünflächenamt Mitte. Bertold Kujath ist Fachmann für Gaslaternen. Er ist der Vorsitzende des Vereins „Gaslicht-Kultur“, und auch er ärgert sich: „Der Verfall ist weit fortgeschritten.“ Was mit den vielen abmontierten Köpfen geschehen sei, weiß er nicht. Der Zustand sei so schlimm, dass der Verein keine abendlichen Führungen mehr anbiete, „das können wir doch niemandem mehr zeigen“.
Dabei sei das Freiluftmuseum Ziel von vielen Touristen – „so viele Städte mit einem Gaslaternenmuseum gibt es nicht.“ Ende 2014 hätten Senat und Vattenfall die Pflege eingestellt, schätzt Kujath. Mittlerweile sei der Zustand „desaströs, viel schlimmer als 2008″. Damals hatten Unbekannte in einer nächtlichen Gewaltorgie mit Steinwürfen 19 der Laternen zerstört. „Originalteile sind unwiederbringlich verloren, Nachbauten dieser Kunstschätze kosten tausende Euro.“
Jedes kaputte Teil muss von Hand nachgefertigt werden
1978 hatten der Senat und die damals zuständige Gasag gemeinsam das Museum eröffnet, seitdem leuchteten die Laternen Spaziergängern den Weg durch den Tiergarten. Das Deutsche Technikmuseum betreut das Projekt fachlich-historisch, wie Experte Reiner Schipporeit sagt. „Das ist seit Langem traurig, das wird an diesem Standort auch traurig bleiben“, findet der Leiter der Abteilung Energietechnik. Der Standort im Tiergarten, gleich gegenüber dem S-Bahnhof, sei eine „unbeaufsichtigte dunkle Ecke“. Ein Umzug sei zu begrüßen. Das eigene Freigelände hält der Museumsmann für wenig geeignet, da es abends und nachts unzugänglich sei. „Laternen müssen leuchten und zu sehen sein“, sagt Schipporeit. Für Kujath ist der Mittelstreifen der Schloßstraße in Charlottenburg der perfekte Standort. Dort würde es auf jeden Fall weniger Vandalismus geben, sagt Kujath, zudem könne man die Lampen ja auch ab Mitternacht ausschalten. Denn: Nur eine brennende Laterne wird zum Ziel von Vandalen.