Trotz seines Namens liegt der frühere Güterbahnhof Wilmersdorf in Friedenau, außer Anwohnern des Kiezes nahe dem Innsbrucker Platz kennt kaum jemand die 65 000 Quadratmeter große Brache südlich der S- und Fernbahnstrecken und der Stadtautobahn. Nun aber kommt dort eines der größten Berliner Wohnungsbauprojekte voran.
Die Planungen reichen sechs Jahre zurück, zuerst wurde um ein Möbelhaus gestritten. Von so großen Gewerbeflächen ist nicht mehr die Rede. Den neuesten Stand diskutierten etwa 120 Anwohner und Planer am Mittwochabend bei einer Veranstaltung des Bezirksamts.
Es geht vor allem um 940 Wohnungen. Ein Viertel davon solle eine städtische Wohnungsbaugesellschaft als „bezahlbare Mietwohnungen“ errichten, sagte die Tempelhof-Schöneberger Stadtentwicklungsstadträtin Sibyll Klotz (Grüne). Diese Einigung mit dem Hamburger Investor Böag wertete sie als außergewöhnlichen Erfolg: „Wo gibt es so etwas schon?“
Dagegen fordert die Bürgerinitiative „Bahngelände Friedenau – 100 % Grün“, der mehrere Dutzend Anwohner angehören, statt Neubauten eine öffentliche Grünanlage. Friedenau sei damit extrem unterversorgt, laut Akten des Bauamts betrage das Defizit 210.000 Quadratmeter. Dem Vernehmen nach wollen Bewohner der Bennigsenstraße südlich des alten Güterbahnhofs gegen das Projekt klagen.
Das Bebauungsplanverfahren ist aber schon weit fortgeschritten, die frühzeitige Bürgerbeteiligung fand 2014 statt. In ersten Machbarkeitsstudien schlugen Architekten mehrere Hochhäuser vor. Nun ist nur noch ein zwölfstöckiger Gewerbebau neben der Zufahrt an der Hauptstraße geplant.
Die Wohnhäuser bekommen im südlichen Teil fünf Etagen und im mittleren Teil sechs. Im Norden ist wegen des Bahn- und Autolärms ein besonderer Schallschutz nötig. Als Abschirmung sollen Häuser mit sieben Wohnetagen und einem Technikgeschoss darüber dienen. Damit auch deren Bewohner ihre Ruhe haben, entstehen an den nördlichen Gebäudeseiten keine Wohnräume mit Fenstern, sondern vor allem Treppenhäuser.
Geplant sind auch ein „Quartiersplatz“, Einzelhandelsflächen für Nahversorger, ein Radweg, 990 Parkplätze und 11.000 Quadratmeter große Grünflächen, die für alle Bürger gedacht sind. Der Baubeginn steht nicht fest. Bis die architektonischen Details geklärt sind, sei „noch ein jahrelanger Prozess“ notwendig, hieß es.