Durch den Kiez

Alexa Feser: "Berlin bietet mir Ecken und Kanten"

Die Wahl-Berlinerin Alexa Feser hat im Frühjahr ihr Album "Zwischen den Sekunden" rausgebracht.
Die Wahl-Berlinerin Alexa Feser hat im Frühjahr ihr Album "Zwischen den Sekunden" rausgebracht. Zur Foto-Galerie

Wenn Alexa Feser von Musik spricht, wird schnell klar, wie sehr sie liebt, was sie tut. Bei einem Spaziergang durch Moabit erzählt uns die Sängerin, warum sie zu jedem neuen Album umzieht und wie sie sich für die Gleichstellung der Frauen im Musikbusiness einsetzt.

Große, strahlende Augen, lange blonde Haare und ein sympathisches Lächeln auf dem Gesicht: Alexa Feser wirkt trotz mittäglichem Hochbetrieb im Thea & Coffee, einem kleinen Café in der Birkenstraße, super entspannt. Hier kommt sie gerne vorbei, bestellt einen Kräutertee und beobachtet: „Ich sitze oft alleine in Cafés, lausche den Gesprächen und werde kreativ. So kann ich neue Ideen und Geschichten entwickeln – ein bisschen wie ein Schriftsteller“, erzählt uns die gebürtige Wiesbadenerin. Vor elf Jahren kam die Singer/Songwriterin nach Berlin, um sich voll und ganz auf ihre Musik zu konzentrieren. „Berlin bietet mir und meiner Musik viel mehr Möglichkeiten. Wiesbaden ist auch schön, aber sehr glatt. Ich brauche ein bisschen Ecken und Kanten in meinem Leben. Dafür ist Berlin genau die richtige Stadt.“

Alexa ist eine Beobachterin: Ihre Songs handeln von zwischenmenschlichen Beziehungen.

Erfolg kommt nicht immer über Nacht

In ihrer Musik erzählt die Pop-Sängerin und Pianisten davon, wie es ist, ein Mensch auf dieser Welt und in dieser Zeit zu sein. Wortgewaltig, einfühlsam und mit ausdrucksstarker Stimme gelingt es Alexa in ihren ausschließlich deutschsprachigen Songs, Zweifel und Ängste in positive Botschaften umzuwandeln. Obwohl sie schon mit vier Jahren Klavierstunden bekam und mit 13 anfing, erste Songs zu schreiben, dauerte es jedoch, bis sie ihre Leidenschaft endgültig zum Beruf machen konnte. Diverse Nebenjobs mussten her: Mal trug sie Zeitungen aus, dann legte sie als DJane in Clubs auf, schließlich sang sie Werbejingles fürs Radio ein. Doch die Leidenschaft zur Musik hat sie nie verlassen. Eine Begegnung mit dem Songwriter Steven van Velvet verschaffte ihr schließlich den lang ersehnten Durchbruch: Ihre LP Gold von Morgen stieg auf Anhieb in die Top 20 der Charts ein, ihre Konzerte sind oft ausverkauft und sie nahm 2015 am Vorentscheid des Eurovision Songcontests teil.

Wie schwer es gerade für Frauen ist, in der männerdominierten Musikbranche Fuß zu fassen, hat auch Alexa spüren müssen: Lange hat sie sich in dieser Industrie nicht verstanden gefühlt: „Wie kann es sein, dass nur 13 Prozent aller bei der Gema gemeldeten Songschreiber weiblich sind? Auch ich habe oft das Gefühl, von Männergruppen in vorgeformte Schablonen gedrückt zu werden.“ Die Sängerin präsentiert sich seit ein paar Wochen als Botschafterin für das EU-Programm Keychange. „Als Netzwerk versuchen wir die Rahmenbedingungen für Frauen nachhaltig zu verbessern und haben 60 Stipendiaten an Teilnehmerinnen aus ganz Europa vergeben“, erzählt sie, als wir durch den Sportpark Moabit laufen, wo sich Alexa an warmen Tagen gerne aufhält, ihre Hängematte zwischen zwei Bäume spannt und die Zeit mit einem guten Buch vertreibt.

Die Musikbranche hat ein Frauenproblem

Alexa weiß, dass es noch ein langer Weg sein wird, bis Gleichberechtigung wirklich im Bewusstsein ankommt. Doch gerade deshalb will sie ihre Plattform als Künstlerin nutzen: „Ich habe letztes Jahr bewusst die Echoverleihung boykottiert, weil bis auf Beth Ditto keine einzige Frau auftreten durfte. Dabei haben großartige deutschsprachige Künstlerinnen wie Balbina oder Joy Denalane in dem Jahr ihr Album rausgebracht.“

Auch auf ihrem aktuellen Album Zwischen den Sekunden setzt sich Alexa kritisch mit unserer heutigen Welt auseinander. Es handelt von der Liebe zur ganz großen Geste, gepaart mit dem Blick für die kleinsten Dinge. Für dieses Album ist Alexa, genau, wie für jedes ihrer Alben, mal wieder in einen neuen Kiez gezogen ist. Denn sobald eine Platte fertig ist, muss eine neue Form der Inspiration her. So auch im Frühjahr dieses Jahres, als Alexa ihre Sachen packte und ihre Wohnung am Alexanderplatz verließ. „Die Umzüge sind für mich ein Weg der Bequemlichkeit zu entkommen. Wenn ich zu lange an einem Ort bleibe, dann werde ich faul und träge“, erzählt uns die 37-Jährige. Am Alexanderplatz, den tagtäglich Hunderttausende überqueren, hat sie viele inspirierende Momente erleben können: Menschen, die sich streiten, die sich Heiratsanträge machen, die demonstrieren oder musizieren. Doch nun zog es sie wieder in eine ruhigere Gegend: nach Moabit.

„Moabit ist ein so schönes, kulturell buntes und ehrliches Viertel“, gerät Alexa ins Schwärmen, als wir uns Richtung Arminius Markthalle begeben. „Der Kiez trägt eine Reibung ins sich, was in anderen Stadtteilen, wie beispielsweise in Mitte, total fehlt.“ Trotzdem sei jeder Berliner Kiez einzigartig und auf seine Art reizvoll, weiß die Umzüglerin: „Auch in Charlottenburg leben total unterschiedliche Menschen: Von Alteingesessenen, über Familien bis hin zu jungen Studenten – und alle weit entfernt vom Hipstertum.“ Damals wohnte sie direkt hinter dem KaDeWe und nahm sich oftmals die Zeit, um in die sechste Etage des Kaufhauses, dem luxuriösen Lebensmittelbereich und Aushängeschild des KaDeWe’s, zu fahren. Ob Spezialitäten aus der ganzen Welt oder Brot aus der eigenen Bäckerei: „Das KaDeWe kann schnell mal deinen Geldbeutel sprengen, aber ich hab es geliebt, mir dort oben eine kleine Pause vom Alltag zu gönnen.“

Vom Gourmettempel im KaDeWe zur Markthalle in Moabit

Weniger teuer, aber kulinarisch genauso abwechslungsreich geht es in der Arminius Markthalle zu, wo wir entlang der farbenprächtigen Stände vorbeischlendern. „Mich erinnert die Markthalle immer an den Mercat de la Boqueria in Barcelona – nur in klein. Alles ist frisch, hochwertig und sieht toll aus“, erzählt uns die Musikerin. Mit knurrendem Magen kommen wir am Fischladen an, wo wir uns frischen Matjesfilet bestellen. Denn Alexa liebt Fisch. Auch Erguns Fischbude in den Moabiter S-Bahn-Bögen, in dem man sich ein bisschen wie am Mittelmeer fühlt, gehört zu ihren Lieblingsrestaurants. „In dem Laden baumeln Hunderte kleine, gelbe Zettel mit Genuss-Sprüchen von der Decke.“ Viel Zeit zum selber kochen bleibt der Sängerin nämlich nicht. Fast täglich fährt Alexa in ihren Proberaum in Marzahn: „Wenn ich an Songs schreibe, ziehe ich mich zurück. Ich erlebe dann oft einsame Momente, aber ich will mich in diesem Prozess auch nicht von anderen beeinflussen lassen. Nur so kann etwas entstehen, was sehr nah an dir dran ist.“

Wir erreichen unsere letzte Station, die Fruit Box, ein Berliner Start-Up in der Perleberger Straße, das Obstkörbe und Smoothies nach Hause liefert. Besitzerin Jeanine steht hinter dem Tresen und begrüßt Alexa herzlich, als wir den Laden betreten. „Ich komme jeden Tag hier hin, trinke Smoothies und lese Zeitung“, erzählt sie und bestellt uns Karotten-Orangen-Drinks mit Ingwer, genau das Richtige für den Herbst. Zum Abschluss berichtet uns Alexa noch vom Tourleben, auf das sie sich nächstes Jahr wieder begeben wird: „Im Tourbus kann man wunderbar ausschlafen. Trotzdem gibt’s bei mir keine wilden Partys. Ich will, dass das Publikum mich in einem guten Zustand erlebt.“

In der Fruit-Box kennt man Stammgast Alexa bereits.

Komplett akustisch und mit neuen Streichquartett-Arrangements wird Alexa unter anderem am 23. Januar 2018 in der Berliner Passionskirche auf der Bühne stehen. Auch an neuen Ideen und Songs für ein weiteres Album arbeitet sie bereits. In welchem Kiez sie sich dann niederlassen wird, wollte uns die Powerfrau dann aber doch noch nicht erzählen.

Hier bekommst du Karten für Alexa Fesers Konzert am 23. Januar 2018

Foto Galerie

Arminiusmarkthalle, Arminiusstraße 2-4, 10551 Berlin

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Montag bis Freitag von 08:00 bis 20:00 Uhr
Samstag von 08:00 bis 18:00 Uhr
Brunch:
Samstag von 10:00 bis 14:00 Uhr

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