„Wir wollen weit mehr sein als eine Anatomieschau“, betont Gunther von Hagens Ehefrau und Kuratorin der neuen Dauerausstellung Dr. Angelina Whalley anlässlich der Eröffnungs-Pressekonferenz. „Vielmehr geht es uns darum, den Besuchern die eigene Leiblichkeit vor Augen zu führen und zu mehr Achtung dem Körper gegenüber anzuregen.“ Seit der ersten öffentlichen Präsentation der von Hagens-Plastinate 1995 in Japan konnte man mit den vorangegangenen Körperwelten-Ausstellungen mehr als 40 Millionen Besucher in 23 Ländern der Erde ansprechen. Für die „weltoffene Stadt Berlin“ habe man sich als Standort für das „weltweit erste Museum für den Menschen“ nun ganz bewusst entschieden – und auch die vorausgegangenen Rechtsstreitigkeiten mit dem Bezirk Mitte hätten an der Wahl nur leichte Zweifel geweckt, so Whalley, die beim ersten Rundgang durch die neue Schau unterm Fernsehturm für ihren schwer an Parkinson erkrankten Ehemann das Wort führt.
Alltägliche Körpererfahrungen
Auch die thematische Bandbreite der neuen Schau ist erfreulich groß: Statt sich auf biologische Zusammenhänge und Funktionsweisen im menschlichen Körper zu beschränken, werden ihnen beim Gang durchs Menschen Museum lebensnahe Aspekte (und Defizite) unseres Alltags gegenübergestellt. So wirft der Themenbereich Stoffwechsel die Frage nach moderner Maßlosigkeit und daraus resultierenden Krankheiten wie Diabetes oder Übergewicht auf, mit dem Nervensystem werden Fragen nach Glück und Unglück verknüpft und an den Blick auf Fortpflanzung und Geburt schließen sich Fragen nach Zufall und Fügung an. Die Texte bleiben dabei wertneutral und kommen ohne „erhobenen Zeigefinger“ aus.
Auch großformatige Fotos zum Thema „Was die Welt isst“ oder moderne wissenschaftliche Thesen – etwa dass 50 Prozent unseres Glücksempfindens in den Genen verankert sind – hat man anschaulich integriert. Dabei werden Gedanken und Fragen aufgeworfen, mit denen es am Ende tatsächlich gelingen könnte, einigen Besuchern etwas mehr Achtsamkeit mit in den Berliner Alltag zu geben. Und genau das ist es ja, was „Körperspender“, Ausstellungsmacher und Plastinator von Hagens mit ihrer Arbeit erreichen wollen.
„Der Besuch war meine erste Live-Begegnung mit dem Plastinaten von Gunther von Hagens. Das erwartete Schock-Erlebnis ist dabei ausgeblieben. Stattdessen begreift man eigentlich gar nicht so richtig, dass man da einem echten Menschen gegenübersteht – oder zumindest seinen plastinierten Überresten. Berührt wird man dennoch von den ganzen Feinheiten, die so unter unserer Haut stecken … Da denkt man wirklich nochmal neu über seinen Körper nach und spannt unwillkürlich ein paar Muskeln an.“