Bezirk plant Einschränkungen für Gastronomie

Mehr Ruhe rund um den Nollendorfplatz

Viel Gedränge: Die typische Szenerie am Nollendorfplatz.
Viel Gedränge: Die typische Szenerie am Nollendorfplatz.
Die Bewohner des Kiezes zwischen Winterfeldt- und Nollendorfplatz in Schöneberg fühlen sich vom Motoren- und Kneipenlärm in der Gegend gestört. Nun plant der Bezirk Gegenmaßnahmen, die für mehr Ruhe sorgen sollen.

Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg verfolgt verschiedene Ansätze, um den Kiez zwischen Nollendorf- und Winterfeldtplatz zu beruhigen. Zum einen wird man künftig von Westen nicht mehr in Motz- und Nollendorfstraße einfahren können. Dies soll verhindern, dass Autofahrer eine Abkürzung durch den Kiez nehmen, wie Bezirksbürgermeisterin Gabriele Schöttler (SPD) mitteilte. Zum anderen möchte das Bezirksamt keine neuen Kneipen und Cafés im Kiez mehr zulassen. Außerdem werden die Flächen der Außengastronomie auf den Gehwegen blau markiert. Damit gehen die Behörden auf lang gehegte Anwohnerwünsche ein – die von einigen Schönebergern geforderten Bodenschwellen zur Verkehrsberuhigung baut der Bezirk aber nicht – schuld ist offenbar ein Gerücht.

„Diese Kissen erzeugen eine erhöhte Gefährdungssituation und werden in Berlin nicht mehr angeordnet“, erklärte Ordnungsstadtrat Oliver Schworck (SPD). Dies sei die Übereinkunft unter den Bezirken gewesen, nachdem ein Rettungswagen über eine Schwelle gefahren, der Patient von der Liege gefallen und gestorben sei. Die Schwellen würden allgemein die Fahrten von Rettungsfahrzeugen erschweren. Bei DRK, Feuerwehr und in anderen Bezirken ist ein solcher Vorfall nicht bekannt. Kissen und Schwellen stellten „weiterhin ein probates Mittel“ dar, heißt es in Charlottenburg-Wilmersdorf. Der Initiator der „Moabiter Kissen“, der frühere Baustadtrat von Mitte, Horst Porath, hält die Geschichte für „ein böswilliges Gerücht von Gegnern“. Friedrichshain-Kreuzberg plant den Bau von neuen Schwellen, während Marzahn-Hellersdorf dies nicht vorhat – weil die Autofahrer nach dem Abbremsen wieder lautstark beschleunigen würden.

Maßnahmen gegen Raser

Den Rasern will Schworck in Schöneberg anders beikommen. Derzeit werde geprüft, ob in dieser Hinsicht die Verlegung des Radwegs in der Maaßenstraße vom Gehweg auf die Straße Sinn mache. So würde die Straße schmaler. Die Maßnahme stößt jedoch bei einem Teil der Anwohner auf Widerstand, sagt Sibyll Klotz (Grüne), Stadträtin für Stadtentwicklung. Denn beim Ausparken müssten sie verstärkt auf Radler achtgeben. „Im Zweifel machen wir es und probieren es ein Vierteljahr aus“, sagt Bürgermeisterin Schöttler. Stadtrat Schworck verkündet, er habe sich wegen der rasenden Autos, über die die Anwohner klagen, an die Polizei gewandt.

„Raserei kann nicht bestätigt werden“, sagt ein Polizeisprecher, auch der Verdacht auf getunte Auspuffanlagen habe sich nicht erhärtet. Der Lärm käme durch den „regen Parksuchverkehr wegen der angespannten Parkraumsituation“ und die Außengastronomie zustande. Es habe sich „ein multikulturelles Kneipen- und Kiezmilieu entwickelt“. „Abends geht es um eine bestimmte Klientel, die den Ärger provoziert“, führt Schworck aus. Rocker auf Motorrädern, Migranten in Sportwagen, sagt Hubert Pelz von der Initiative „Lärmfreie Nolle“. Die Kritik, dass es zu wenige Kontrollen durch das bezirkliche Ordnungsamt gebe, weist Schworck zurück.

Gegen Durchgangsverkehr und zu viel Gastronomie

Nach Angaben des Bezirksamts ist abteilungsübergreifend ein anderes Vorgehen geplant. Motz- und Nollendorfstraße werden versuchsweise zu „unechten“ Einbahnstraßen gemacht, um die Autofahrer vom Abkürzen durch den Kiez abzuhalten. „Die Einfahrten von der Martin-Luther- und der Eisenacher Straße Richtung Nollendorfplatz werden für den motorisierten Verkehr untersagt“, sagt Schöttler. In den Straßen selbst bleibt es beim Verkehr in beide Richtungen.

Stadträtin Klotz will verhindern, dass es im Kiez bald nur noch Restaurants und Cafés gibt. „Wir werden Anträge auf Gastronomie versagen, wenn in den Räumen vorher nicht bereits Gastronomie war“, sagt Klotz. Man habe bereits den ersten Antrag abgelehnt und werde damit fortfahren, weil es ausreichend Gastronomie gebe. Damit die Cafés nicht unkontrolliert über die Gehwege expandieren, lässt der Bezirk die Außenbereiche der Gastronomie auf den Gehwegen mit blauen Punkten kennzeichnen. In Charlottenburg-Wilmersdorf hat man die ‚Grenzüberschreitungen‘ so deutlich eindämmen können. „Die Gastronomen dürfen es nicht übertreiben zu Lasten derer, die den Gehweg benutzen wollen“, sagt Schworck. Eine deutliche Erhöhung der Bußgelder wolle er prüfen lassen.

Für die Umgestaltungen rund um den Nollendorfplatz möchte Klotz Mittel aus dem Plätze-Programm des Senats beantragen. Weitreichende Änderungen wie der Umbau des Parkplatzes vor dem Goya oder der Rückbau von Straßeneinmündungen seien damit jedoch nicht drin.

 


Quelle: Der Tagesspiegel

Mehr Ruhe rund um den Nollendorfplatz, Motzstraße 2, 10777 Berlin

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