Kein Besucher weit und breit, nur ein paar Angestellte sitzen im Hof und machen Mittagspause. Die Gießerei Flierl in der Friesickestraße wirkt an diesem Augustnachmittag kaum wie ein Hot-Spot der Berliner Kunstszene. Genau das möchte sie aber werden. Und zwar durch die Ausstellung AKTionale II -Das nackte Sein, die Marco Flierl in Kooperation mit dem ‘Verein Berliner Künstler‘ organisiert. In den sechs zur Gießerei gehörenden Ausstellungsräumen hängen Exponate, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema Grenzerfahrungen beschäftigen, emotionale, meist traumatische Momente, die Menschen prägen, verstören und verändern können.
Die AKTionale fand 2010 zum ersten Mal statt und verfolgt seither das Ziel, seelische Zustände abzubilden, Qualen des Geistes, die nicht durch einen ‘normalen‘ Akt eingefangen werden können. Was zu sehen ist, wirkt allerdings eher wie eine beliebige Zusammenstellung zeitgenössischer Kunst, die sich zwischen expressionistischer Malerei, Street-Art und pornographischen Elementen bewegt. Der Themenbezug der ausgewählten Stücke ist genauso nachvollzieh- wie anfechtbar.
Ein gesonderter Raum ist der im letzten Jahr verstorbenen Künstlerin Sybille Reichert, genannt Nänzi, gewidmet. Die ehemalige Schülerin des Berliner Bildhauers Joachim Schmettau war bekannt für ihre eigenwilligen Plastiken, die vor allem den weiblichen Körper darstellen.
Kunstgießerei Flierl
Der gelernte Bildhauer und Kunstgießer Marco Flierl wollte vor über zwanzig Jahren seinem künstlerischen Schaffen eine wirtschaftliche Grundlage geben und gründete im Prenzlauer Berg seine eigene Gießerei. 2004 verlegte er sie nach Weißensee, da der Platz in der Schliemannstraße zu knapp wurde. Seitdem gießt Flierl für Kunden aus ganz Deutschland, 30 Künstler stehen bei ihm unter Vertrag.
Die Kunstgießerei befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Eisengießerei Behr, die hier über 100 Jahre lang ansässig war und 2004 ins Umland verzog. Im Hof der Anlage sind einige Stücke zu begutachten, die sowohl von Flierl als auch anderen Künstlern stammen. Ein Blick in die Werkstätten offenbart zudem die gewaltigen Ausmaße der Projekte, die hier entstehen. Überdimensional große Extremitäten, riesige Schalen und enorme Tierskulpturen werden von Flierl und seinen Mitarbeitern in Form gegossen und bearbeitet. Das alles geschieht in historischem Ambiente.
Die Ausstellung ist bis zum 24. August zu sehen.