Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez

Ansgar Oberholz: "Unser nächster Laden kommt!"

Ist in Prenzlauer Berg zu Hause, man sieht ihn aber natürlich auch oft in seinem Café St. Oberholz in Mitte.
Ist in Prenzlauer Berg zu Hause, man sieht ihn aber natürlich auch oft in seinem Café St. Oberholz in Mitte.
Skandinavisches Viertel – Der Szene-Gastronom, dessen Café St. Oberholz am Rosenthaler Platz seit fast zehn Jahren boomt wie kein zweites, hat mit uns über seinen Kiez im Norden von Prenzlauer Berg, seinen favorisierten Kaffee sowie das Konzept für den nächsten großen Coup gesprochen. Und uns bei der Gelegenheit auch seinen Lieblingsort in Mitte gezeigt.

Ich war sicher, wir setzen uns für unser Interview einfach in sein Café, das fast schon legendäre St. Oberholz. Wenn man sich schon mal mit einem stadtbekannten Café-Betreiber trifft, bietet sich das ja quasi an. Ansgar Oberholz möchte aber gern woandershin mit mir gehen, nämlich auf den Alten Garnisonfriedhof um die Ecke, ein friedliches, ruhiges und grünes Kleinod, das in der belebten Gegend seinesgleichen sucht.

Natürlich haben wir uns über sein Berliner Mekka der Internet-Start-up-Szene, das St. Oberholz, unterhalten. „Wahnsinn, nächstes Jahr im Juni werden es zehn Jahre seit der Eröffnung!“, erzählt der sympathische Café-Betreiber. „Mein jüngster Sohn ist eine Woche nach der Eröffnung geboren und wenn ich ihn so anschaue, sehe ich, wie die Zeit vergangen ist.“ 2009 wurden im 3. und 4. Stock Apartments eingeweiht, 2012 feierte der Co-Working-Space auf der zweiten Etage Eröffnung. „Wir sind organisch ins Haus reingewachsen“, meint Oberholz. „Das war die letzte Etage – seitdem bespielen wir das ganze Haus vom Keller bis zum Speicher, wie bei einem Baum, von der Wurzel ab.“

Rundgang im alten Aschinger-Haus

Ich erfahre, dass ein zweites Oberholz in Planung ist! Voraussichtlich in rund zehn Monaten soll der Ableger in der Zehdenicker Straße, im Grunde nur einen guten Steinwurf entfernt, eröffnen. „Wir erweitern unser Konzept, mit weniger Gastronomie, einer Espressobar, kleinen autarken Büroeinheiten zum Mieten sowie Apartments, ein Mix aus Büro und Co-Working-Space mit hoher Flexibilität“, erklärt Oberholz. Schließlich müsse man sich nicht mit „unsexy Office-Centern“ zufrieden geben. „Das ist totes Terrain – auch spirituell! Wir sind ein Ort des kreativen Arbeitens. 80 Prozent der Leute mit Laptops bei uns sind Gründer, da ist so ein Fieber im Haus, das spürst du richtig, eine Art Gründungsfieber“, sagt er weiter. Die Zehdenicker Straße sei ruhiger, mit Prenzl‘ Berg-Touch, einem Gymnasium daneben, aber trotzdem sehr urban. Mit zur Verfügung gestellten Bürofahrrädern geht’s dann von Meetingraum A nach Meetingraum B.

Am Wochenende ist Oberholz nur in Notfällen im Café, sonst trifft man ihn im Nordischen Viertel – dort wohnt der dreifache Familienvater schon seit 16 Jahren in einer mittlerweile 140 Quadratmeter großen Wohnung. „Wir haben unsere mit der Hinterhof-Wohnung zusammengelegt“, erklärt Oberholz die Lösung des Platzproblems. „Die Wohnungen waren früher schon verbunden, wir mussten nur ein paar Steine wegdrücken.“

Den Veränderungen im Kiez sieht er entspannt entgegen. „Nachdem die Schönhauser Allee Arcaden eröffnet haben (Anm. der Redaktion: 1999), gab es einen Wandel im Kiez, sämtliche kleine Läden sind gestorben“, erinnert sich der Geschäftsmann. „Das Tolle an der Ecke ist aber: Es ist immer noch authentisch, es gibt immer noch viele kleine Läden, es erfüllt auch nicht die gängigen Prenzlauer Berg-Klischees.“ Seit beispielsweise Zalando ins Umspannwerk gezogen sei, würden die Mitarbeiter immer im Schwarm aus den Bahnen ausgespuckt werden, auch sie hätten den Kiez verändert. „Ich finde, das ist eine spannende Entwicklung. Mir geht das Gemecker über Veränderung auf die Nerven!“, erklärt er. „Diese Diskussion, dass früher alles schöner war. Wenn alles wäre wie 1992, dann würden alle durchdrehen. Wenn sich Berlin nicht so verändern würde, dann wäre es nicht so anziehend wie es ist. Der Gegenpol zu Veränderung ist Stillstand. Eigentlich stört mich nix in meinem Kiez – das ist jetzt blöd, oder?“

Die Lieblingsorte eines Szene-Kenners

Natürlich wollten wir von einem der Szene-Wirte der ersten Stunden wissen, wo er in seiner Freizeit selbst gern hingeht. „Ich mag eher ungewöhnliche Geschichten“, sagt er. „Da gibt es zum Beispiel vor dem Gleimtunnel auf Prenzlauer Berg-Seite den ‚Keller vom Mauerpark‘, neben dem Streichelzoo geht es eine Treppe nach unten und da ist dann so ein Zen-Garten-Bereich mit Liegen. Dort ist es echt cool und man kann seine Ruhe haben.“

Dann empfiehlt er noch den Großhändler Mitte Meer, bei dem jeder einkaufen kann und die Bar Becketts Kopf, deren Cocktails er unter den Top 5 der Stadt sieht. MDC cosmetic sei ein sehr liebevoll gemachter Laden mit toller Kosmetik.
Und natürlich hat er auch einen Kaffee-Tipp: „Das liebe kleine St. Meze in der Raumer Straße. Dort ist alles wie bei uns, nur kleiner und ohne WiFi. Der Kaffee ist klassisch neapolitanisch und ich nehme hier oft meinen ersten Kaffee des Tages ein.“

Das Buch zum Café: „Für Hier oder zum Mitnehmen?“ von Ansgar Oberholz (Ullstein extra, 14,90 Euro) gibt es z.B. hier zu kaufen.

St. Oberholz, Rosenthaler Straße 72, 10119 Berlin

Telefon 030 555 785 95

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Kennt man selbst im Westen: das legendäre St. Oberholz.

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