Es ist ein warmer, sommerlicher Nachmittag: Zwischen Obstbäumen und Wiesen tobt ein kleines Mädchen barfuß herum. Die Sonne scheint, nur wenige Wolken sind am Himmel über dem Görlitzer Park, am Rande der „Kuhle“, dem Haupttreffpunkt in der Mitte des Parks. Leonard Empel (Name geändert) ist gerade dabei, mit einem Schlauch die jungen Apfelbäume zu wässern. Zwischendurch mahnt er seine spielende Tochter Emma, nicht durch Pfützen zu springen. Die Obstwiese ist Empels Balkon-Ersatz. Er wohnt mit seiner Familie um die Ecke, er kümmert sich seit drei Jahren mit anderen Freiwilligen um die Pflanzung und Pflege der Bäume. Dass der Görlitzer Park immer wieder negativ in den Schlagzeilen steht, ärgert ihn. Er mag es hier. Und eins dürfe man nicht vergessen: „Die Menschen, die von illegalen Geschäften leben, tun das nicht freiwillig. Wären die Verhältnisse in ihrer Heimat nicht so schlecht, wären sie sicher nicht hier.“
Es ist wieder ein sonniger Tag, hunderte Menschen sind im Park. „Harte Drogen kann man einfach nicht durchgehen lassen“, sagt Hempel. Bei allem Verständnis. Während er über seine Verzweiflung spricht, spazieren Großeltern mit ihren Enkeln vorbei. Auch der Piratenspielplatz ist an diesem Tag gut besucht.
Größere Polizeipräsenz wünschenswert
Der Beliebtheit des Parks tut der Drogenfund keinen Abbruch. Auch die Polizei sieht keine Eskalation der Situation: Von ihrer Seite heißt es, der Görlitzer Park sei immer noch überwiegend ein Umschlagplatz für weiche Drogen, hauptsächlich Cannabis. Dass schon früher bei Razzien kleine Mengen an härteren Drogen wie Kokain oder Crystal Meth gefunden wurden, will ein Sprecher der Polizei aber nicht ausschließen.
Die Ordnungshüter bleiben bei ihrer alten Taktik: Durch Einsätze und Präsenz will man zeigen, dass gegen die Drogenproblematik im Park vorgegangen wird. Ein Polizist, der selber bei vielen Einsätzen im Görlitzer Park dabei war, sagt dem Tagesspiegel, dass er wenig überrascht sei, dass nun auch härtere Drogen gefunden wurden. Als er privat unterwegs war, sei ihm bereits vor zwei Jahren MDMA (Ecstasy) angeboten worden.
Leonard Empel ist mittlerweile an dem Punkt, dass er sich eine höhere Polizeipräsenz wünscht. Vielleicht in Form eines kleinen festen Standortes, direkt am Eingang Falckensteinstraße, wie eine Anwohnerin ihm gegenüber vorschlug. Ähnliches wurde nach dem tödlichen Angriff auf Jonny K. am Alexanderplatz eingerichtet, hier steht seit 1. Dezember 2012 ein „Kontaktmobil“ mit zwei Beamten, das täglich bis 22 Uhr an sieben Stationen hält.
Eine Lösung erfordert viel Geduld
„Der Park ist aber längst nicht mehr allein das Problem. Gedealt wird inzwischen auch auf angrenzenden Grünflächen und in den Hauseingängen der anliegenden Straßen“, sagt Empel. „Der Bezirk sieht auf den ersten Blick sehr hilflos aus. Natürlich erfordert eine Lösung viel Geduld, aber die Geduld geht auf Kosten der Anwohner.“
Am Ende dreht er noch eine Runde in der Ecke des Parks, an der er wohnt. Er kennt einige der Männer, die tagein, tagaus hier stehen. Auch heute sitzt die Gruppe direkt am Eingang des Parks. „Womit verdient ihr gerade euer Geld?“, fragt Empel die Männer im Gespräch. „Mit Putzen“, antwortet wortkarg der größte der Gruppe – fast zwei Meter groß mit Baseballkappe. Ob sie hier mit ihren Kindern auf den Spielplatz gehen würden, fragt Empel. „Yes“, antwortet der Begleiter des Zwei-Meter-Manns – und dreht sich weg. Fragen beantworten will hier keiner so richtig.
Und Empel? „Ich lasse mich nicht von Drogendealern um so einen schönen Spielplatz bringen“, sagt Empel auf dem Weg aus dem Park. „Eher wehre ich mich!“