Ganze drei Tage brauchte Axel Sporn von Holzgeschichten im Juni 2012, um die über 200 Jahre alte Bergbuche mit Seilwinden aus einer Schlucht in den Chiemgauer Alpen zu bergen. Dass dieses Holz gut zweieinhalb Jahre später in einer Berliner Wohnung mit Blick auf die Spree landen würde, ahnte zu diesem Zeitpunkt niemand. Es landete bei einer Single-Frau, die Johannes Krohne und Bernhard Kurz von Ifub mit der Gestaltung ihrer Einzimmerwohnung innerhalb eines genossenschaftlichen Wohngebäudes beauftragte. Als sie die ersten Fotos des Holzes mit seiner einzigartigen Maserung sah, war schnell klar, dass es das perfekte Material für Arbeitsplatte und Bettkasten war.
Auf einen Blick
Hier wohnt: eine Single-Frau
In: einem Einzimmer-Apartment, innerhalb einer Cluster-Wohnung mit neun weiteren Parteien in Berlin-Kreuzberg
Auf: circa 40 Quadratmetern
Experten: Holzgeschichten (Material); Ifub (Entwurf)
Das Einzimmer-Apartment ist Teil einer 400 Quadratmeter großen Cluster-Wohnung mit insgesamt zehn Parteien. Bei dieser neuen Wohnform verfügen die Bewohner über individuelle, für sich voll funktionsfähige Wohneinheiten, teilen sich aber zudem eine großzügige Gemeinschaftsküche, sowie einen großen Wohnraum – von diesem Apartment durch die dunkelgraue Tür erreichbar. Für die alleinstehende Kundin reichte so die kleinste der Wohneinheiten, etwa 40 Quadratmeter, völlig aus.
Möglichst effizient sollte der kleine Raum genutzt werden, denn „die Kundin kam aus einer 120-Quadratmeter-Wohnung und hatte dementsprechend viele Sachen unterzubringen. Außerdem wünschte sie sich Großzügigkeit und Aufgeräumtheit für ihr neues Zuhause“, so Johannes Krohne, der die Raumgestaltung mit seinem Partner Bernhard Kurz von Ifub übernahm. Dafür entwarfen sie ein großes Einbaumöbel, das mit integrierter Küche, Kleiderschrank und Bett die Grundfunktionen abdeckt, sich optisch zurückhält und gleichzeitig viel Stauraum bietet.
Die seidenmatt lackierten Schrankfronten sind zurückhaltend und lassen die Wohnung offen und großzügig erscheinen. Zurückhaltung übte auch die Kundin in der übrigen Möblierung: neben dem weißen Esstisch befinden sich nur ein Schreibtisch und ein Sessel in der Wohnung.
Pendelleuchten: George, Tobias Grau
„Es gibt zwar eine Küche, aber der Raum ist in erster Linie als Wohnraum präsent„, so Krohne. In der zwei Meter langen Küchenzeile verstecken sich alle Elektrogeräte hinter weiß lackierten Schrankfronten mit Grifffugen. Nicht einmal der Backofen stört die wohnliche Atmosphäre – oberhalb des Kühlschranks wurde er in den hohen Einbauschrank integriert (links im Bild). Falls die Tür versehentlich bei laufendem Betrieb geschlossen wird, schaltet er sich automatisch aus.
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Außer Konkurrenz: Die Holzarbeitsplatte ist alleiniger Blickfang der schlichten Küche. „Wir zeigten der Kundin Fotos unserer Bretter, und sie war sofort begeistert“, so Krohne.
Auf Wunsch der Kundin behielt das dicke Brett seine natürliche Form, es wurde eine Arbeitsplatte mit Waldkante. So einzigartig wie die Maserung ist auch die Geschichte dahinter: Die über 200 Jahre alte Bergbuche war im Chiemgau einer Lawine zum Opfer gefallen. Der gelernte Restaurator und passionierte Möbeltischler Axel Sporn entdeckte das Holz auf einem Schotterfeld am Sonntagshorn (dem höchsten Berg der Chiemgauer Alpen) und machte sich kurze Zeit später an die aufwendige Bergung. Die Firma Holzgeschichten ist spezialisiert auf das Auffinden und Verarbeiten von Bruch-, Schwemm- oder Lawinenhölzern mit besonderer Optik und Geschichte; Kurz und Krohne von Ifub betreiben sie gemeinsam mit Sporn und steuern die Designs bei.
Die kleine Küche mit nur zwei Kochfeldern ist für den morgendlichen Kaffee völlig ausreichend – wenn Gäste kommen, nutzt die Bewohnerin sowieso die großzügige Gemeinschaftsküche des Wohnprojektes.
Für maximalen Stauraum zogen Ifub die Schränke bis unter die fast drei Meter hohe Zimmerdecke. Die oberste Schrankreihe fungiert als verbindendes Element zwischen Küche und Kleiderschrank. Auf der Küchenseite in der darunterliegenden Reihe sorgen weitere Oberschränke mit halber Tiefe für Stauraum. Hier lockern zwei ebenfalls aus dem Lawinenholz geschreinerte offene Regalelemente die symmetrisch angeordneten weißen Schrankfronten auf. Wie alle Schreinerarbeiten ließen Ifub sie nach ihren eigenen Entwürfen von der Berliner Tischlerei Lücking Innenausbau anfertigen. Die weiße Tür führt in das Badezimmer der Bewohnerin.
In der Rückwand der Küchenzeile befindet sich ein kleines Fenster Richtung Schlafbereich, durch das eine vom Bett aus erreichbare praktische Ablagemöglichkeit entsteht.
Die kuschlige Schlafnische entstand, indem das 1,20 Meter breite Bett rückwärtig zum innenliegenden Bad platziert wurde. Über dem Kopfende fällt durch ein Innenfenster Licht ins Bad.
Auch hier wurde kein Quadratzentimeter Fläche verschwendet. So befindet sich seitlich am Bett ein aufklappbarer Kasten, der weiteren Stauraum bietet und geschlossen als Nachttisch fungiert.
Wie schon in der Küche setzten Ifub mit dem Holz der Bergbuche Akzente. Hier ist die kleine Durchreiche zur Küche zu sehen.
Zwei rollbare Schubladen unter dem Bett bieten Platz für Koffer und andere größere Gegenstände.
Mit Liebe zum Detail: Die Ecken des über die Schubladen auskragenden Bettrahmens wurden mit präzisen Schwalbenschwanz-Zinkungen ausgeführt. Die schöne Maserung lässt auch das Bett zu einem Unikat werden.
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Dieser Artikel wurde zuerst veröffentlicht auf Houzz.