Holländisches Viertel, die Innenstadt, Park und Schloss Sanssouci, die Havel und ihre Seen – all diese und weitere schöne Orte machen Potsdam zu einem beliebten Ausflugs- und Reiseziel. In die Gegend nördlich des Pfingstbergs verirren sich dagegen kaum Touristen. Eigentlich kein Wunder, besteht sie doch hauptsächlich aus Wohngebieten mit Neubauten. Doch unmittelbar hinter der Stadtgrenze beginnt die Bornimer Feldflur – und die ist nicht nur als Jogging-, Rad- oder Spazierstrecke einen Besuch wert. In ihrem Südwesten, am Rand des Stadtteils Bornim, liegt der Karl-Foerster-Garten; im Norden ein überregional kaum bekannter und dennoch sehenswerter Turm des preußischen Architekten und Schinkel-Schülers Ludwig Persius. Besonders, wenn du mit dem Rad unterwegs ist, lohnt es sich, beide Orte im Rahmen einer Tour zu besuchen.
Kleines Juwel: Der Karl-Foerster-Garten
Die 5000 Quadratmeter Gartenkunst am Rand von Bornim legte Namensgeber Karl Foerster ab 1912 rund um sein Wohnhaus an. Nebenan führte er seit 1910 seine Staudengärtnerei, mit der er aus Berlin hergezogen war. In seinem eigenen Garten testete er unter anderem Stauden auf ihre Winterfestigkeit. Noch heute ist der Karl-Foerster-Garten ganzjährig ein Erlebnis und auch die benachbarte Gärtnerei gibt es nach wie vor. Nach Foersters Tochter Marianne ist die treuhänderische Stiftung benannt, die sich unter dem Dach der Deutsche Stiftung Denkmalschutz um den Erhalt des Gartens kümmert. Natürlich hat sich dessen Bepflanzung in den über 100 Jahren seiner Existenz verändert, doch die Schönheit ist geblieben.
Wir betreten den Karl-Foerster-Garten an einem nicht zu warmen Juli-Tag durch den Haupteingang. Fahrräder kann man um die Ecke auf dem großen Parkplatz anschließen. Die Blütenpracht und Vielfalt der Pflanzen sind überwältigend, unsere Augen schweifen von einem Prachtstück zum nächsten. Zentral auf dem Gelände steht das Wohnhaus Foersters, dessen Innenleben derzeit restauriert wird und nicht zu besichtigen ist. So wendet sich unsere Aufmerksamkeit schnell dem davor liegenden Senkgarten zu. Diesen hatte Foerster im englischen Stil ausheben lassen. In der Mitte liegt ein kleiner Teich, um den sich Ufer- und Wasserpflanzen gruppieren. Besonders attraktiv, wenn du Kinder dabei hast: Im Wasser tummeln sich Goldfische, am Rand sitzen zwei quakende Frösche und auf einer Steinplatte hat es sich eine Schildkröte bequem gemacht.
Parallel zum Senkgarten verläuft der Frühlingsweg, der bis hinter das Haus führt. An dessen Türe gibt es einen Schlitz für Spenden, um den Garten und die Arbeit der Marianne-Foerster-Stiftung zu unterstützen. Vorbei am Herbstbeet gelangen wir in den Steingarten, einem weiteren Highlight der Anlage. Hier wachsen typische Steinpflanzen wie Ramonda oder Sonnenröschen. Dank der umstehenden Bäume und der schmalen Pfade wirkt dieser Bereich beinahe verwunschen. Wir nehmen auf einer Bank Platz und lassen die Gartenkultur in Ruhe auf uns wirken. Wer im Karl-Foerster-Garten allerdings Action erwartet, ist falsch. Dafür kommen Flaneure, Pflanzen- und Naturfreunde auf ihre Kosten – der Eintritt ist übrigens frei. Bald soll es wieder Führungen geben. Uns fehlt höchstens noch eine kleine Bewirtung, wie es sie zu besonderen Gelegenheiten schon mal gab.
Da steht ein Turm auf der Wiese…
Um es klar zu sagen: Der Persiusturm ist sicher einen Abstecher, aber eher keinen eigenen Ausflug wert. Einst war er Teil der Gutsanlage Bornim, doch das Gutshaus fiel 1945 einer Brandstiftung zum Opfer. Heute wird das Gelände gegenüber dem Turm vom Leibnitz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. genutzt. Und so steht der Persiusturm hier stilistisch allein auf weiter Flur, buchstäblich auf der grünen Wiese. Auf seinem Dach thront eine Mobilfunkantenne, die Tür ist verschlossen. Doch sehenswert ist der von Ludwig Persius entworfene Turm und der italienische Baustil hat Wiedererkennungswert. So geht etwa die heutige Fassung der Kirche im benachbarten Stadtteil Bornstedt auf Persius‘ Sohn Reinhold zurück – die Ähnlichkeit ist offensichtlich.
So kommst du hin
Vom Hauptbahnhof oder einem anderen Startpunkt in Potsdam geht es zunächst an den nördlichen Stadtrand. Achtung: In den Straßenbahnen sind die Kapazitäten für die Mitnahme von Rädern arg beschränkt. An der Kreuzung Amundsenstraße/Am Golfplatz biegen wir auf den Parkplatz ein; an dessen Ende geht es auf einem Schotterweg nach rechts über die Felder. Nach etwa einem Kilometer mündet der Weg in die Lindenallee und wir halten uns links. Trotz des Namens handelt es sich ’nur‘ um einen weiteren Rad- und Fußweg mit schönem Ausblick über die Felder. Ihm folgen wir etwas mehr als einen Kilometer, bis wir am Rand von Bornim wieder auf die Amundsenstraße treffen und nach rechts abbiegen (mit dem Auto nimmt man einfach den direkten Weg). Schon nach wenigen Metern geht es erneut rechts in die Straße Am Raubfang und nach 200 Metern ist der Karl-Foerster-Garten erreicht.
Für die zweite Etappe zum Persiusturm nehmen wir den gleichen Weg zurück über die Lindenallee, folgen dieser aber weiter bis zum Lerchensteig im Ortsteil Nedlitz und überqueren diesen, um unseren Weg entlang von Feldern auf der anderen Seite fortzusetzen. Nach einigen hundert Metern taucht der Turm recht unvermittelt rechter Hand auf. Wegstrecke vom Karl-Foerster-Garten: rund 2,5 Kilometer. Wer im Anschluss einen anderen Rückweg nach Potsdam nehmen will: Der Radweg in nordöstlicher Richtung führt durch ein Waldstück nach Nedlitz, von wo aus du schnell wieder in der Stadt bist.