Neue Fotografie-Ausstellung

Guy Bourdin: Der Traum, die Kunst und das schöne Mädchen

Frau mit roten Lippen werden von mehreren Händen mit roten Fingernägeln die Augen zugehalten.
Der Modefotograf Guy Bourdin machte elektrisierende, geheimnisvolle und kompositorisch perfekte Fotografien. Guy Bourdin VOGUE Paris, May 1970 Zur Foto-Galerie
Seine Bilder hängen in den großen Museen dieser Welt, denn die surrealistischen Modefotografien waren nicht nur revolutionär zu ihrer Zeit. Guy Bourdin erzählt mit ihnen auch fabelhafte Mysterien – und das jetzt in Berlin.

Eine Party im Schaufenster mit Puppen als Gästen, die Plastiktüten über den Kopf tragen oder Eistüten, die auf der Straße liegen und von denen fontänenartig Flüssigkeit in die Luft steigt: Die Bilder des französischen Modefotografen Guy Bourdin wirken geheimnisvoll, elektrisierend und schrecken auch nicht davor zurück zu verstören.

Dabei macht es interessanterweise keinen Unterschied, ob man Bourdins ikonische Werbebilder mit den Beinen ohne Torso und Kopf für den französischen Schuhdesigner Charles Jourdan betrachtet oder Editorials für die Vogue. Alle Bilder weisen eine hohe kompositorische Tiefe auf und das ist auch der Grund, warum die neue Ausstellung im Museum für Fotografie ihn in einem Segment als Erzähler präsentiert.

Kuratorin Shelly Verthime erklärt, dass Bourdin seine Ideen zu Fotografien zumeist verschriftlicht hat und sehr von Filmen beeinflusst wurde, wobei er auch selbst Filme drehte. Der Kunstexperte Philippe Garner ergänzt: „Guy hatte eine außergewöhnliche Vorstellungskraft. Seine Bilder beinhalten Schichten von etwas Mysteriösem.“

Die Ausstellung von Guy Bourdin zeigt ihn als Erzähler, Surrealist und Art Director. ©Yuki Schubert

Diese Aussagen lassen sich an vielen seiner Fotografien belegen. So beispielsweise beim einsamen Mann im dunklen Zimmer. Er sitzt im Anzug gekleidet in einem Stuhl. Dadurch dass er seitlich zum Betrachter ausgerichtet ist, wirkt er noch abwesender. Sein leerer Blick heftet an der gegenüberliegenden Wand. Vor seinen Füßen türmen sich leere und volle Bierdosen. Im nahen Bad steht ein nackter Mann, der sich gerade die Hände wäscht. Wie im Film entsteht eine Szenerie, die Sucht, Einsamkeit trotz Begleitung und Arbeitertristesse vermittelt. Die genauen Zusammenhänge bleiben aber im Dunkeln.

Ein wahres Spiel der Perspektive zeigt sich in einem Bild mit einer schönen Frau, die nach oben blickt und deren geschminkte Lippen mit einem gigantischen roten Lippenstift korrelieren, der hinter ihr in Erscheinung tritt. Es entsteht ein hochästhetisches Traumgebilde.

Die Ideenwelt eines Malers

Schon mit Anfang zwanzig hatte Guy Bourdin seine erste Ausstellung, zu der Zeit noch mit Zeichnungen und Gemälden. Mit 27 folgte dann die erste Publikation für die französische Vogue. Bourdin gehört damit zu den Zeitgenossen von Helmut Newton. Ähnlich wie er revolutionierte er die Modefotografie in den 60er und 70er Jahren, weil er sich nicht nur auf Schönheit und Mode fokussierte. Im Vergleich zu Newton hole Bourdin seine Ideen aus der Welt eines Malers und kreiere in seinem Kopf die Bilder, während Newton eher Dinge beobachtete, die es im realen Leben gibt, sagt Garner.

Ein wichtiger Einfluss auf Bourdin war sein Mentor, der US-amerikanische Surrealist Man Ray, der in seinen Bildern das Sehen neu erfand und einige Fotografen in ihrer Arbeit beeinflusste, wie auch die faszinierende Lee Miller. Das wohl berühmteste Bild von Bourdin, das diese Richtung einschlägt, ist jenes mit den sich überlagernden Händen mit roten Fingernägeln über den Augen einer Frau mit rotem Lippenstift. In dem Bild scheinen sich die Hände wie in einer Endlosschleife über die Augen der Frau zu legen.

Einen Einblick hinter die Kulissen gewährt Nicolle Meyer bei der Eröffnung der Ausstellung. Mit 17 Jahren modelte sie für Bourdin. „Man fühlte sich an seinem Set mehr als eine Schauspielerin oder eine Mitgestalterin einer Vision als nur Model zu sein“, sagt Meyer.

Wenn du Lust bekommen hast, die außergewöhnlichen Fotografien von Guy Bourdin in der Schau „Image Maker“ anzusehen, dann hast du noch bis zum 13. Mai 2018 dazu Gelegenheit. Gleich gegenüber befindet sich die Ausstellung „A Gun for Hire“ von Helmut Newton und somit werden erstmals diese beiden einflussreichen Modefotografen mit ausgewählten Auftragsarbeiten gemeinsam ausgestellt. Im kleinen Filmraum des Museums kannst du zusätzlich einen Einblick in Bourdins filmisches Schaffen bekommen.

Foto Galerie

Museum für Fotografie / Helmut Newton Stiftung, Jebensstraße 2, 10623 Berlin

Telefon 030 266424242

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Dienstag, Mittwoch und Freitag und Samstag und Sonntag von 11:00 bis 19:00 Uhr, Donnerstag von 11:00 bis 20:00 Uhr

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