Liegt hier doch irgendwo noch einer? Der Gedanke kann einem schon kommen, wenn man durch die niedrigen Durchgänge des ehemaligen Bärenzwingers klettert. Nicht nur, weil an dem denkmalgeschützten Bau kaum etwas verändert wurde. Es hängt auch noch ein unverwechselbarer Geruch nach Tier in der Luft, der sogar der ersten Ausstellung im neuen Kulturort ihren Namen gab: Ursus olfaciens – „ich rieche den Bären“.
Ganz bewusst wollen Künstler und Kuratoren des Bärenzwingers die Präsenz der früheren Bewohner bewahren. Jahrzehntelang lebten hier schließlich die Wappentiere der Hauptstadt, natürlich in wechselnder Besetzung, fast immer als Paar. In den letzten Jahren hatte es zunehmend Proteste von Tierschützern gegen die beengten Verhältnisse im Zwinger gegeben. Eine Verlegung der schon sehr alten Bären Maxi und Schnute wurde diskutiert. Schließlich entschied das zuständige Bezirksamt Mitte, dass nach deren Tod keine weiteren tierischen Bewohner einziehen würden.
Eine kurze Diskussion gab es auch über die Nachnutzung des Bärenzwingers. Nun wird er für zwei Jahre zum ungewöhnlichen Kulturstandort – bespielt von jungen Volontären des bezirklichen Kulturamtes. Ab 2019 soll dann eher die Wissensvermittlung im Vordergrund stehen.
Behutsame Eingriffe der Künstler
Seit Anfang September läuft Ursus olfaciens, das Eröffnungsprogramm der Berlinerin Sarah Ancelle Schönfeld und des gebürtigen Berners Reto Pulfer. Beim Betreten des fast vollständig mit Efeu überwucherten Backstein-Klinkerbaus fällt der Blick zunächst auf die Arbeit von Schönfeld. In einem großen Metallkorb hat die Künstlerin vor Ort gefundene Steine gesammelt. Daraus wird mit Hilfe eines heißen Aufgusses ein Saunaofen, der die Räume erwärmt. Den Aufguss, hergestellt aus ebenfalls vor Ort gesammelten Kräutern und Beeren, bereitet Schönfeld in einer handelsüblichen Waschmaschine zu.
Pulfers Eingriffe entdeckt der Besucher beim Erkunden der Räumlichkeiten. Dabei bekommt man auch mit, dass es die Bären tatsächlich recht eng in ihrem Zuhause hatten. Blickt man heute im zentralen Raum an die Decke, hängt dort etwas, das zunächst nur nach einem großen Stofffetzen aussieht. Doch die Broschüre zur Ausstellung verrät Näheres. Weitere und zugänglichere Objekte von Pulfer sind in der Besenkammer ausgestellt.
Genauso spannend wie die Kunst ist aber, was zwei Jahre Abwesenheit von Mensch und Tier aus dem historischen Bärenzwinger gemacht haben. In Sichtweite des Märkischen Museums ist dank des Wildwuchses ein verwunschener Ort entstanden. Bei unserem Besuch huschen ein rotes Eichhörnchen und eine Ratte über den kleinen, vom leeren Wassergraben umgebenen Außenbereich. Andere Tiere haben längst den Platz erobert, den die Bären zurückließen. Und nicht nur die: Die Post-Pop-Band Easter (Stine Omar und Max Boss) hat ihr Video zum Song Cuppa im Bärenzwinger gedreht.
Die Ausstellung „Ursus Olfaciens“ läuft noch bis 29. Oktober. Weitere Informationen bekommst du auf der Webseite des Bärenzwingers.