Noch ist nicht alles fertig: Wer in die Einfahrt des Hauses am Waldsee biegt, nur gut 100 Meter vom U-Bahnhof Krumme Lanke entfernt, sieht derzeit: Lehm, Bagger, einen kleinen Bauwagen. Keinen Rasen und keine Blumen. Kein Wunder, es ist ja noch Winter. Und die Arbeiten am Garten auf der Vorderseite der Villa im englischen Landhausstil sollen bis März vollendet sein. Im und am Haus wird ebenfalls noch an einigen Stellen gearbeitet. Aber das Wesentliche ist geschafft: die Ausstellungsräume und die Cafeteria sind grundsaniert und seit 26. Januar endlich wieder geöffnet.
Das Haus am Waldsee ist seit 1946 Ort für Gegenwartskunst. Ursprünglich wurde es 1922 für den Textilunternehmer Hans Knobloch gebaut, der die Villa jedoch aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten nur wenige Jahre später verkaufen musste. Heute steht der, natürlich denkmalgeschützte, Bau wieder ziemlich originalgetreu am Waldsee, der erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch das Ausbaggern eines moorigen Fenns entstand.
Vierecke außen, die große Leere innen
Aber was sind das für weiße Platten am Haus? Sie gehören schon zur ersten Ausstellung, die nach der Sanierung hier zu sehen ist. Karin Sander, international renommierte Künstlerin mit Wohnsitzen in Berlin und Zürich, hat dafür das Haus am Waldsee selbst zum Mittelpunkt ihrer Arbeit gemacht. Die Vierecke und Quadrate an der vorderen und hinteren, seeseitigen Fassade sind auf Keilrahmen gespannte Leinwände – sogenannte Gebrauchsbilder, die absichtlich der Witterung ausgesetzt werden. Sie eröffnen natürlich auch eine neue Perspektive auf die in altem Glanz erstrahlende Villa.
Wer sich nun das Haus von allen Seiten angesehen hat, vielleicht noch durch den kleinen Park auf der Seeseite spaziert ist, und dann ohne Vorwissen und voller Spannung eintritt – wird mindestens sehr überrascht, vielleicht auch irritiert sein. Denn wie man beim Lesen der großen Tafel im Vorraum der Ausstellung erfährt, sieht man in den Räumen nur ein einziges Exponat. Karin Sander ist für ihre meist minimalistischen Arbeiten bekannt, aber das hier hätten wohl die wenigsten erwartet.
Freundliches Café
Die Künstlerin lässt also die Räume sprechen und nimmt Bezug auf deren Geschichte. Wir laufen durch die leeren Zimmer mit frisch geweißten Wänden und Parkettboden. Auf den kleinen Info-Schildern erfährt man die frühere Bestimmung der Räume, wie etwa Musikzimmer. Zugleich sind dort die Maße der von Sander an der Fassade angebrachten Gebrauchsbilder zu lesen. Diese drängen sich ohnehin gleichsam ins Bild, wenn man aus den Fenstern schaut. Das eine Exponat in den Räumen ist ein im 3D-Drucker entstandenes Modell des Hauses am Waldsee, das auf Google Earth-Aufnahmen beruht. Obwohl diese im Dezember 2018 abgerufen wurden, sind sie natürlich nicht topaktuell und so zeigt das Modell den Zustand vor dem Umbau, ist also selbst schon Geschichte.
Ob man Karin Sanders Gedanken hinter der Ausstellung nun folgen möchte oder nicht, eine nachmittagsfüllende Angelegenheit ist diese keinesfalls. Deshalb empfiehlt sich noch ein Aufenthalt im hauseigenen Café, das ebenfalls neu gestaltet wurde. Kuchen auf Dinkel-Basis, Kaffee und Tee mit richtig frischen Minzblättern – hier lässt es sich sehr gut aushalten. Außer dem neuen Café sind durch die Sanierung auch eine öffentliche Bibliothek (ab März) und Räume für Workshops hinzugekommen. Der Besuch im Haus am Waldsee lohnt sich wieder und der Weg aus der City auch.
Die Ausstellung „Karin Sander. A bis Z“ läuft noch bis zum 3. März 2019 im Haus am Waldsee.