John Bock (Kreuzberg)
Wer glaubt, Jeanne Mammen (6. Oktober 2017 bis 15. Januar 2018) sei das Highlight der Berlinischen Galerie 2017, dem widersprechen wir und legen uns für John Bocks Freakshow ins Zeug. Denn was John Bock die letzten zehn Jahre erschaffen hat, ist unbeschreiblich – vielleicht auch, weil man niemals alles versteht, was er macht und was er will, und doch spürt man immer, dass man durch ihn etwas Großartiges erlebt. Im Moloch der Wesenspräsenz wird uns also gewohnt grotesk und überraschend anders erscheinen, wenn wir uns von den „komplex-wuchernden“ Rauminstallationen überwältigen lassen. Zur Eröffnung wird John Bock übrigens ein anderer Extrem-Künstler zur Seite stehen: Lars Eidinger.
Wann: 24. Februar bis 21. August 2017
Wo: Berlinische Galerie
Watching You, Watching Me (Charlottenburg)
Wir werden überwacht – das ist keine neue Erkenntnis. Auch die Frage, was erlaubt ist, wird so oft gestellt, dass die Antwort darauf fast schon zur Nebensache geworden ist. Aber wenn zeitgenössische Künstler versuchen, uns das Thema Überwachung mal vor Augen zu führen, ist das mehr als sehenswert. Watching You, Watching Me macht die heimliche Datensammelwut sichtbar und zeigt, wie die Fotografie als Überwachungsmittel und als ihr Gegenmittel funktioniert. New York feierte die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit C/O Berlin entstanden ist, bereits in den Open Society Foundations. Und was die New Yorker können, können wir schon lange!
Wann: 17. Februar bis 2. Juli 2017
Wo: Museum für Fotografie
Kieser, Plakate – Blackbox #2 (Charlottenburg)
Was haben Jimi Hendrix, Grateful Dead und Fleetwood Mac gemeinsam? Günther Kieser! Nein, nicht der mit dem Rückentraining: Günther Kieser zählt zu den bedeutendsten Grafikdesignern Deutschlands. Doch wie die meisten Künstler, die mit ihrem Werk das eines anderen unterstützen, ist sein Name außerhalb der Grafik- oder Musikszene so gut wie unbekannt. Das Bröhan Museum will das nun ändern und überredete Kieser, der eigentlich keine Ausstellungen mehr machen will, zu einer beeindruckenden Werkschau. Wie an jedem ersten Donnerstag im Monat wird es auch im Februar ein kostenloses Konzert von Studenten und Absolventen Berliner Hochschulen geben. Am 1. Februar wird das Konzert passend zur Kieser-Ausstellung gestaltet. Der Haken: Es beginnt um 14 Uhr, da müssen die meisten von uns ja noch arbeiten.
Wann: 21. Januar bis 23. Juli 2017
Wo: Bröhan Museum
moving is in every direction (Moabit)
Während viele Kunstausstellungen schon in der Eingangshalle Kopfschmerzen auslösen, weil man befürchten muss, den Exponaten intellektuell nicht gewachsen zu sein, stehen Installationen seit den 1960er-Jahren oft auch für Humor und Ironie – vor allem, wenn Künstler wie Marcel Broodthaers, Joseph Beuys und Pipilotti Rist am Werk waren. Neben diesen Stimmungsaufhellern zeigt moving is in every direction auch spannende Arbeiten von anderen Künstlern, die wie Gregor Schneider oder Klangmeisterin Susan Philipsz ernstere Register ziehen. Der Querschnitt durch die Geschichte der Installationen seit den 1960ern im Hamburger Bahnhof ist in jedem Fall ein Erlebnis, das noch Raum ergreift, wenn man das Museum bereits wieder verlassen hat. (Da denk mal drüber nach!)
Wann: 17. März bis 17. September 2017
Wo: Hamburger Bahnhof
Jasper Morrison (Tiergarten)
Jasper Morrison gehört eigentlich nicht ins Museum, sondern ins Wohnzimmer, in die Küche, ins Arbeitszimmer… aber weil wir uns das nicht leisten können, sind wir sehr dankbar über die Werkschau thingness, die uns das Bauhaus Archiv 2017 schenkt. Wie viele seiner berühmten Kollegen folgt auch Morrison dem Leitsatz „form follows function“, der übrigens schon über 150 Jahre alt ist und immer noch (fast) als Garant für erstklassiges Design gilt. Die Werke von Jasper Morrison finden sich in Kollektionen der angesagtesten Marken, darunter Alessi, Rosenthal, Flos und Vitra. Wer nun meint, er gehe lieber ins Stilwerk, um sich an Jasper Morrison zu erfreuen, bleibt ein Tunnelblicker – denn das Bauhaus Archiv hat nicht nur Morrisons geniale Entwürfe zu bieten, sondern auch Objekte, die seine Arbeit geprägt haben.
Wann: 22. März bis 18. September 2017
Wo: Bauhaus Archiv
Kemang Wa Lehulere (Mitte)
Auf dem Finanzmarkt ist der Ruf der Deutschen Bank vielleicht nicht mehr ganz so astrein, aber in Sachen Kunstförderung müssen wir ihr ein Lob aussprechen. Der diesjährige Künstler des Jahres ist für uns eine spannende Neuentdeckung, dabei hat er schon einiges in seiner Heimat Südafrika und sogar auf dem internationalen Kunstparkett hingelegt. Kemang Wa Lehulere, ein schwieriger Name, den man sich dennoch merken sollte, macht Kunst wider das Vergessen. Mit mitreißenden Performances, ungewöhnlichen Installationen und fast immer politisch. Sein weißer Vater und seine schwarze Mutter haben das Ende der Apartheid nicht mehr miterlebt, sie durften nie zusammenleben und starben als Kemang zwölf Jahre alt war. In seiner Kunst verarbeitet er nicht nur seine eigene Familiengeschichte, sondern die eines ganzen Landes. Mit seinen multimedialen Arbeiten zeigt er neue Sichtweisen, die berühren.
Wann: 24. März bis 18. Juni 2017
Wo: Deutsche Bank KunstHalle
Der Luthereffekt (Kreuzberg)
Martin Luther verdanken wir nicht nur den Protestantismus, sondern auch unzählige Floskeln, die wir tagtäglich verwenden. Da „passt es doch wie die Faust aufs Auge“ (nur ein Beispielzitat), dass im Martin Gropius Bau 500 Jahre Reformation mit der Ausstellung Der Luthereffekt gefeiert werden. Kuratiert wird die Ausstellung vom Deutschen Historischen Museum, das auf rund 3.000 qm Fläche herausragende Exponate zeigt, darunter sogar solche, die noch nie zuvor in Deutschland präsentiert wurden. „Man soll niemandem zum Glauben zwingen“, meinte Luther. Doch in die Ausstellung solltest du dich schleifen lassen, die ist selbst für Ungläubige faszinierend und aktueller, als du glaubst.
Wann: 12. April bis 5. November 2017
Wo: Martin Gropius Bau
Sigmar Polke – Die Editionen (Mitte)
Intensiv nennen sein Werk die einen, exzessiv die anderen: Sigmar Polke ließ nichts unversucht, sich mit der Welt auseinanderzusetzen – in seinem Werk und in der Realität. So kraftvoll sein künstlerisches Vermächtnis ist, so legendär sind die Geschichten, die sich um ihn ranken. Wie die, dass er einem reichen Sammler an den Mantel gepinkelt habe, um seiner Verachtung Ausdruck zu verleihen. Der Exzentriker beherrschte eben alles – jede Kunstrichtung und Machart und jeden der mit ihm zu tun bekam. Glaubst du nicht? Seine Editionswerke aus der Sammlung Kunstraum am Limes mit Objekten, Büchern, Collagen, Drucken uvm. zeigen mehr als eindrücklich, wie vielseitig das Genie war.
Wann: 28. April bis 27. August 2017
Wo: me Collectors Room
Pückler. Babelsberg (Potsdam)
Von wegen Museumsmief: Bei dieser Ausstellung gibt es Frischluftgarantie. Denn die Kunst des eigenwilligen Fürsten von Pückler-Muskau zeigt sich nicht nur in Exponaten in den noch unsanierten Räumen des Schlosses Babelsberg, sondern vor allem im Garten – der sich bei schlechtem Wetter auch durch die hohen Fenster bestaunen lässt. Pückler gestaltete die Terrassen, legte Seen an und sogar einen Wasserfall. Nach rund 70 Jahren rauscht es wieder genau da, wo der adlige Gartenkünstler es gewollt hat. Ein Werk für alle Sinne, das Hobbygärtner inspiriert und selbst Schwarze-Daumen-Träger begeistert.
Wann: 29. April bis 15. Oktober 2017
Wo: Schloss und Park Babelsberg
Jean Fouquet. Das Diptychon von Melun (Tiergarten)
Alte Schinken sind nicht jedermanns Sache, aber wenn nach über 80 Jahren das Diptychon von Melun erstmals wieder zusammengeführt wird, sollte man die Gelegenheit nutzen, das Werk als Einheit zu betrachten. Das Diptychon von Jean Fouquet aus der Stiftskirche von Melun gilt als eines der Hauptwerke des 15. Jahrhunderts. Ein hervorhebenswertes Merkmal dieser Ausstellung ist, dass selbst Museumsmuffel mit der Betrachtung eines einzigen zweiflügeligen Werks nicht überfordert sein werden. Interessierte Kunstbetrachter können sich freiwillig auch länger in der Gemäldegalerie aufhalten und weitere beflügelnde Exponate studieren. Macht euch also auf den Weg in die Gemäldegalerie, ehe der rechte Flügel wieder nach Antwerpen ins Koninklijk Museum voor Schone Kunsten verschwindet – sonst bereut ihr es in 20 Jahren, denn vielleicht wird es keine zweite Chance geben.
Wann: 15. September 2017 bis 7. Januar 2018
Wo: Gemäldegalerie