Junge Künstler zeigen ihre Werke

Let's Think: Kunst zwischen Haribos und Nacht-Fotos!

Bei der Berlin Masters Ausstellung zeigen neun junge Künstler, die in Berlin wohnen ihre Werke: von Malerei bis Licht-Skulptur.
Bei der Berlin Masters Ausstellung zeigen neun junge Künstler, die in Berlin wohnen ihre Werke: von Malerei bis Licht-Skulptur. Zur Foto-Galerie
Noch bis 20. September kannst du dir genau neben dem Brandenburger Tor anschauen, was die Nachwuchs-Künstler-Szene in Berlin so treibt. Denn die Talent- und Förderplattform Berlin Masters lädt zur gleichnamigen Ausstellung.

Was wird sichtbar in den dunklen Wintern in Island? Und kann ich Umweltverschmutzungen in der Luft sehen? Das sind einige der Fragen, die sich die aus Hong Kong stammende Künstlerin Carla Chan (28) stellt. In ihrer Zeit auf Island vertraute die junge Frau auf die gute Technik ihrer Kamera und schoss unzählige Bilder im Dunkeln, schließlich ist es in den Wintermonaten nur wenige Stunden hell. Statt sich mit den schwarzen Bildern zu begnügen, ist es ihr ein Anliegen das zu offenbaren, was für das menschliche Auge nicht zu fassen ist. Dafür nutzt sie für ihre Arbeit digitale Drucker, Eisen- oder Kohlepulver sowie Kleber.

Sie druckt die Bilder auf weißes Papier, präpariert es mit Kleber und gibt das schwarze Pulver darauf. Anschließend kippt sie leicht den weißen Untergrund und heraus kommen beeindruckende landschaftliche Gebilde, die die Schönheit und Rauheit von Island durchaus festhalten. „Mich interessiert und fasziniert, dass auch für mich die Bilder völlig unerwartet sind. Kleine Faktoren, wie beispielsweise das Gewicht des Pulvers verändern völlig das Endergebnis“, erklärt uns Carla.

Carla Chan's schwarz-weiß Werke zeigen landschaftliche Gebilde. ©Carla Chan / Berlin Masters

Maximal 30 und wohnhaft in Berlin

Die 28-Jährige ist die diesjährige Gewinnerin des mit 10.000 Euro dotierten Toy Berlin Masters Award. Neben ihr zeigen acht weitere Künstlerinnen und Künstler ihre Werke im Max Liebermann Haus der Stiftung Brandenburger Tor während der Berlin Art Week. Sie sind maximal 30 Jahre alt und wohnen in Berlin: Das sind die Voraussetzungen, um als Nachwuchstalent zu den Berlin Masters geladen zu werden. Initiiert wird das Ganze von dem Berliner Kunstexperten Matthias Arndt, der die Förderplattform 2013 startete. Für die Künstlerauswahl ist der Berliner Kurator Philipp Bollmann seit 2016 verantwortlich.

In den beiden Ausstellungsräumen findest du sowohl moderne Lichtskulpturen, Videokunst aber auch Malerei und Fotografie – dieses breite Spektrum soll aber nicht davon hinwegtäuschen, dass die jungen Künstler eines gemein haben: Sie nutzen ihre Werke, um auf die aktuellen Geschehnisse um sie herum zu reagieren.

Matthias Arndt, Monique Burger, Carla Chan, Jennifer Greenland, Philipp Bollmann. ©Hannes Wiedemann

Paul Hutchinson beispielsweise geht mit seinen Fotografien gerade weg von der ganzen Social-Media-Bewegung #picoftheday. Denn nach eigener Aussage geht es ihm mit seinen Bildern nicht um einen speziellen Moment, vielmehr will er etwas Rhythmisches und Natürliches spiegeln. Dazu passt, dass er keinerlei Bildbearbeitung nutzt. In der aktuellen Ausstellung zeigt er eine Reihe riesiger Fotografien, die aber als ein Werk verstanden werden sollen, da er öfter in Sequenzen arbeitet. Darauf ist eine junge Frau in Portugal zu sehen, die zunächst erst vom Zuschauer abgewandt ist, doch langsam entspinnt sich ein leichter und zugleich intensiver Blickkontakt. Was uns besonders gefällt, so wird die Schönheit einer unerwarteten Begegnung präzise wiedergegeben – und die ist im wahren Leben viel zu einnehmend, um ein Smartphone zu zücken.

Paul Hutchinson arbeitet in seiner Fotografie mit Sequenzen. ©Paul Hutchinson / Berlin Masters

Gummibärchen für mehr „Süße“ im politischen Diskurs

Isaac Chong Wai wiederum macht Rassismus, Unterdrückung der Rechte für Homosexuelle bzw. der LGBT-Community sowie gesellschaftliche Trennung zum Thema. So ist ein Brief ausgestellt, der sich auf ein Date in Weimar bezieht. Isaac hatte sich dort vor einigen Jahren mit einem anderen jungen Mann verabredet. Beide besuchten das Konzentrationslager Buchenwald. Dort auf dem Gelände küssten sie sich zum ersten Mal und erinnerten sich, dass dies zu der Zeit des Lagers absolut nicht möglich war. Mit dem besonderen Brief ging Isaac übrigens auch nach Russland: Ein großes Risiko, schließlich werden viele Männer dort verhaftet und gefoltert wegen ihrer sexuellen Orientierung.

In einer anderen Arbeit hat er ziegelsteinförmige Skulpturen hergestellt, die, wie er uns erzählt, aus gelben Gummibärchen geformt sind. Komischerweise haben die sich im Herstellungsprozess orange gefärbt. Sein Traum: Eine ganze Wand aus Gummibärchen-Ziegelsteinen bauen, um mehr „Süße“ in den aktuellen politischen Diskurs zu bringen, erklärt er.

Etwas schade ist, dass diese Geschichten hinter den Kunstwerken und wer die Künstler sind, in der Ausstellung kaum beschrieben wird. Allerdings ist Berlin Masters definitiv sehenswert, zeigt die Schau doch, wie vielfältig, differenziert und aufmerksam junge Künstler in Berlin, die Welt um sie herum erfahren. Und wie Carla Chan es ausdrückt: „Kunst muss man nicht verstehen, nur erfahren.“

Berlin Masters kannst du noch bis zum 20. September von 10 Uhr bis 18 Uhr besuchen. Die Öffnungszeiten gelten auch für Samstag, am Sonntag hat die Ausstellung geschlossen.

Foto Galerie

Stiftung Brandenburger Tor - Max-Liebermann-Haus, Pariser Platz 7, 10117 Berlin

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