Kunst in Kreuzberg

Krasse Ausstellung: Kann Liebe illegal sein?

Bilderwand in der Ausstellung "Where Love Is Illegal" von Robin Hammond
Die Bilder zeigen starke Charaktere, die sich trotz Verfolgung ihre Liebe nicht nehmen lassen wollen.
Gibt es etwas Privateres als Liebe und Sexualität? Nein. Und doch mischen sich überall auf der Welt noch immer Staaten in das intime Leben von Menschen, ja schlimmer noch: Homosexuelle werden verfolgt, gefoltert, eingesperrt und ermordet. Robin Hammond sammelt ihre Geschichten…

Die Fotografien von Robin Hammond und die Lebensgeschichten seiner Protagonisten sind nichts für schwache Nerven. Ja, uns treibt Where Love Is Illegal  Tränen in die Augen. Und auch wenn es schwer fallen wird, danach gedanklich wieder in dein fröhlich freies Leben zurückzukehren, solltest du dir die Ausstellung in der Galerie f³– Freiraum für Fotografie nicht entgehen lassen. Robin Hammond lässt Menschen durch dieses großartige Foto-Projekt an die Öffentlichkeit treten, die in ihrer Heimat ihre Gefühle und ihr Liebesleben geheim halten müssen. Viele haben sogar Angst vor der eigenen Familie, die sie schlägt, anzeigt oder von Zuhause vertreibt wie bei der 24-jährigen Transfrau Jessy aus dem Libanon.

Aufruf zum Mord

Ihr ganzes Leben, das in einem palästinensischen Flüchtlingscamp begann, sei sie unmenschlich behandelt worden, erzählt Jessy. Schon als Kind wurde sie geschlagen, beschimpft und sexuell missbraucht. Niemand stand ihr zur Seite, weil sie sich nicht so benahm, wie es sich für einen Jungen gehörte. Jessy spielte mit Barbies und schminkte sich mit dem Make-Up ihrer Mutter. Als sie erwachsen war, ging ihr Vater mit dem Messer auf sie los und die von ihren Schreien angelockten Nachbarn riefen: „Töte sie und befreie die Menschheit von ihr!“ Robin wollte Jessy in düsterer Atmosphäre porträtieren, doch sie will kein Opfer sein und beschloss, sich auf einer Matratze mit Leoparden-Bezug im bunten Kleid als starke Frau mit Kopftuch zu zeigen.

Polaroid als Vertrauensbeweis

Etwa drei Stunden haben Hammond und sein Assistent William Lounsbury Zeit, die Menschen kennenzulernen und das Foto zu schießen, auf denen sich diese selbst wiedererkennen. Am Ende entscheidet wirklich der Mensch vor der Kamera, wie er sich zeigen will, und Hammond macht als vielfach ausgezeichneter Fotograf nur Vorschläge zur Bildgestaltung. Wenn einem Protagonisten der Mut verlässt, er sein Gesicht doch nicht zeigen will oder der Hintergrund Rückschlüsse auf seinen Aufenthaltsort zulässt, wird das Foto vernichtet – das ist neben der besonderen Ästhetik ein weiterer Grund, warum Robin Polaroids nutzt.

Fremde werden Vertraute

Um überhaupt in Kontakt mit diesen Menschen kommen zu können, wendet sich Robin Hammond an NGOs, die in den Ländern arbeiten und Teil der Gesellschaft sind. „Gerade in Afrika sind wir als große, weiße Männer totale Außenseiter und Fremde“, beschreibt William Lounsbury die Schwierigkeit, ein sensibles Vertrauensverhältnis zu den Protagonisten aufzubauen. Die Mitarbeiter der lokal arbeitenden Organisationen vermitteln nicht nur Menschen, die bereit sind, sich fotografieren zu lassen, sie führen auch vorbereitende Gespräche und sind bei den Shootings dabei.

Persönliche Geschichten

Zur Vorbereitung der Aufnahmen schreiben die Menschen ihre Geschichte auf und bestimmen selbst, welche Aspekte und Erlebnisse sie mit uns teilen wollen. So beschreiben die einen bestimmte Momente aus ihrem Leben, positive Ereignisse oder negative Erlebnisse, andere fassen ihr bisheriges Dasein in wenigen Sätzen zusammen. Auszüge aus den biografischen Schreiben finden sich in der Ausstellung direkt neben ihren Porträts. Es sind harte Geschichten über Folter, Hass, Brutalität, Ausgrenzung, Mordversuchen und Vergewaltigungen, die niemanden unberührt lassen.

Never ending

Begonnen hat die Reihe auf einer Reise nach Nigeria. Dort hörte Hammond von fünf Männern, die ins Gefängnis gekommen waren und gefoltert wurden, nur weil sie homosexuell veranlagt seien. Seither sammelt Robin Hammond, der als Noor-Fotograf viel unterwegs ist, Bilder aus der ganzen Welt, um auf die unglaublichen Missstände aufmerksam zu machen. Die Ausstellung soll möglichst auf der ganzen Welt gezeigt werden, denn auch in so aufgeschlossenen Städten wie Berlin gibt es noch immer Menschen, die wegen ihrer Sexualität ausgegrenzt oder angegriffen werden, erklärt William Lounsbury. Und leider hat er Recht. Ein Ende der Reihe Where Love Is Illegal ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Robin Hammond würde sich freuen, wenn wenn auch andere Fotografen und Journalisten sich mit eigenen Werken daran beteiligen würden.

Die vollständigen Geschichten findest du auf der Website Where Love is Illegal. Die Ausstellung in der Galerie f³ ist vom 22. Juni bis zum 2. September 2018 zu sehen. Der Eintritt kostet 5 Euro.

f³– Freiraum für Fotografie, Waldemarstraße 17, 10179 Berlin

Festnetz 030 63961119

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Mittwoch bis Sonntag von 13:00 bis 19:00 Uhr

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