Meine Frau, meine Schrankwand, Wellensittich: Was steht in deinem Wohnzimmer rum? Was stand dort vor 20 Jahren? Und was sagt das über deine Heimat aus? Diesen Fragen geht das Projekt My home is my castle nach. Beantworten können die Fragen nur Berliner selbst, und zwar indem sie Fotos von ihren Wohnzimmern einreichen. Die werden im Hellersdorfer Projektraum mp43 gesammelt, noch im August zum ersten Mal in einer Ausstellung gezeigt und anschließend archiviert.
Dass jemand Fotos aus den Wohnzimmern fremder Leute sammelt, klingt vielleicht erst einmal verrückt. Carola Rümper ist eine Künstlerin aus Hellersdorf, steckt gemeinsam mit ihren Kollegen von Articipate hinter der Idee und erklärt, wie es dazu kam: Am Anfang stand ein Projekt für Kinder mit dem Titel Ich bau mir ein Schloss, das dem Humboldt Forum mit dem Berliner Stadtschloss und der Tatsache, dass in Mitte unglaublich viel passiert, etwas entgegensetzen wollte. „Wir wollten zeigen, dass auch in Hellersdorf etwas passieren kann“ , sagt Carola. In Gesprächen mit den Hellersdorfern habe sie nämlich gemerkt, dass viele sich nicht als Teil dieses tollen Berlins fühlen, in dem ständig etwas passiert. „Die Alteingesessenen fühlen sich noch immer abgehängt oder denken, sie würden der Stadtmitte hinterherhinken. Aber ich denke, spätestens mit dem Internet bin ich als Hellersdorfer nicht mehr nur in Hellersdorf, sondern international unterwegs“, so Carola.
Hellersdorf, zeig was du hast!
Man kann seine Randberliner Pracht also ruhig zu Schau stellen. Und wenn man an ein Schloss denkt, also an diesen repräsentativen Bau, der da in Mitte entsteht, dann ist der Gedankensprung zum Wohnzimmer nicht weit. Das sei immerhin das repräsentative Zimmer einer jeden Wohnung, so Carola. Und wenn man da hineinblickt, dann erfährt man eine ganze Menge über seine Hausherren und Besitzerinnen.
Deswegen ruft Carola also gerade dazu auf, ihr Fotos vom eigenen Wohnzimmer zu schicken: Bilder „aus Hellersdorf und angrenzenden Bezirken“, steht in der Aufforderung. Nun sind diese Anrainer von Hellersdorf ja genau genommen nur Köpenick und Marzahn. Tatsächlich sind aber alle Berliner zum Mitmachen aufgefordert. Denn Carola erlaubt sich mit dem Aufruf einfach mal ein selbstbewusstes Hellersdorfer Augenzwinkern: „Wir sind jetzt der Mittelpunkt der Welt und betrachten alles andere als angrenzende Bezirke“, sagt sie. Es ist also niemand ausgeschlossen – Neu-Berliner mit internationalen Wurzeln sind für die Aktion ebenso gefragt wie alteingesessene Hellersdorfer oder Menschen aus Neukölln.
Gesucht werden aktuelle Fotografien, aber auch Bilder von früher. „Hellersdorf ist ein sehr spannender Ort. Denn aus der Vergangenheit gibt es Fotos aus der DDR, aber jetzt auch Neues. Viele Menschen sind zugezogen und der Bezirk wird internationaler. Da gibt es natürlich auch bestimmte neue Vorstellungen davon, wie ein Wohnzimmer aussieht.“ Gerade das mache das Projekt spannend und zeige den Wandel des Bezirks. Und weil diese Entwicklung nie aufhören wird, möchte Carola auch weiter sammeln.
Am 8. August fällt der Startschuss für das Wohnzimmer-Archiv
Doch erst einmal hofft sie möglichst schnell auf viele Fotos. Ihr Projektraum mp43 ist nämlich am 8. August Teil des Project Space Festivals. 27 Projekträume in Berlin wurden von einer Jury für die Teilnahme daran ausgewählt und haben je 24 Stunden Zeit, um ein Projekt vorzustellen. Im mp43 gibt es dann erstmals die Hellersdorfer und Berliner Wohnzimmer zu sehen, aber auch andere Kunst-Performances.
Und anschließend wird weiter gesammelt. Das Wohnzimmer-Archiv soll wachsen und dann immer wieder ausgestellt werden. Vielleicht ja irgendwann auch mal in Mitte – wenn das Stadtschloss noch Platz hat für die Hellersdorfer Schrankwand.
Die Ausstellung My home is my castle findet ab dem 8. August im Projektraum mp43 – projektraum für das periphere statt. Wenn du bei der Ausstellung zum Thema Wohnzimmer dabei sein möchtest, schicke dein(e) Foto(s) einfach an boulevard-home@t-online.de. Mehr Infos zum Project Space Festival (1. bis 31. August 2018) hier.