Viele alltägliche Dinge im Leben lernt man meist erst zu schätzen, wenn sie uns fehlen. Brot zum Beispiel. Alle, die einmal eine längere Zeit im Ausland gelebt haben, die wissen, wie schnell man sich nach ofenwarmen Brötchen oder einem duftenden Laib Brot sehnen kann. Doch auch hier bei uns ist es gar nicht so einfach, echtes Handwerksbrot zu finden. Schließlich steigt die Zahl der Filialisten-Bäcker, die mit fertigen, industriell hergestelltem Teig auf Masse statt auf Qualität setzen. Nicht so bei Christa Lutum in Charlottenburg. Die Bäckermeisterin weiß, dass ein wirklich gutes Brot ein mit Liebe und von Hand hergestelltes Produkt aus reinen Zutaten ist. Und deshalb dürfen in ihren Backwaren nur gute Sachen drin sein: Die Rohstoffe kommen aus kontrolliert biologischem Anbau und werden in bester Qualität gebacken.
Doch das wirklich Besondere in Christas Bäckerei ist, dass alle Brote, Kleingebäcke und Kuchen weizenfrei sind. Denn das Weizenkorn ist zwar ein Grundnahrungsmittel, aber mittlerweile für viele Menschen unverträglich. Auf Brot, Brötchen und Kuchen muss dennoch nicht verzichtet werden. Christa verwendet zum Backen Roggen und Dinkel. Das Dinkelmehl ist zwar nicht glutenfrei, hat aber einen höheren Anteil an Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen als Weizen und ist daher oft bekömmlicher. Hinzu kommen hauseigene Rezepte, optimale Backzeit und eine lange Fermentierung – schließlich hat jedes Brot einen langen Weg. Und Christa kennt sich aus: Die Bäckermeisterin kann auf jahrelange Erfahrung im Backhandwerk zurückschauen.
Zurück zur Kiezbäckerei
Christa Lutum wuchs in Westfalen auf, kam 1982 nach Berlin und machte vier Jahre später ihren Meister. 1993 gründete sie dann gemeinsam mit Tony Beumer die Bio-Bäckerei Beumer & Lutum, die mittlerweile an mehreren Standorten in Berlin, wie Südstern oder Cuvrystraße, zu finden ist. Anfang 2016 dann die überraschende Nachricht: Beumer und Lutum trennen sich. „Mir hat der direkte Kontakt zu den Menschen gefehlt. Ich wollte anders arbeiten, zurück zur kleinen Kiezbäckerei“, sagt Christa heute. Einige Monate später, im Sommer 2016, eröffnete sie dann ihren eigenen Laden am Hindemithplatz, mitten im schönen Charlottenburg: Christa Lutum Bäckermeisterin.
„Das ist eine entspannte Gegend mit wenig Laufkundschaft, dafür aber mit vielen netten Gästen aus der Nachbarschaft“, erzählt Christa, die zwar seit 30 Jahren in Kreuzberg lebt, sich aber mittlerweile in Charlottenburg fast noch wohler fühlt. Gerade zur Mittagszeit kann es in ihrem Laden schon mal voll werden, denn die Bäckerei ist gleichzeitig ein gemütlich eingerichtetes Café, mit Bildern einer italienischer Künstlerin an den Wänden, einer offenen Backstube, frischen Blumen auf den Tischen und einer großen Terrasse für sommerliche Tage.
Bereits am Tresen wird man von frisch gebackenen Köstlichkeiten begrüßt: Pinientörtchen mit Orangenmarzipan (3 Euro), Linzer Schnitte (2,80 Euro), mit Honig gesüßter Mohn-Bienenstich (3,30 Euro) oder vegane Schokomuffins (2,90 Euro). Besonders beliebt sei der Hürlimann, der Knauze oder die Seele – Backwaren, die in Berlin doch eher selten zu finden sind. Als Westfälin ist Christa natürlich großer Fan von ihrem Paderborner Landbrot aus Sauerteig.
Neben verschiedenen Backstubenfrühstücks-Angeboten, die preislich zwischen fünf und zehn Euro liegen, gibt es zur Mittagszeit hausgemachte Quiche und verschiedene Suppen von Anaveda, einem Feinkostladen aus Kreuzberg mit ayurvedischen Gerichten. Vierzehn Miterarbeiter*innen arbeiten mittlerweile in der Backstube und im Café. Außerdem bildet Christa auch aus: Ab September hat sie in ihrer Bäckerei wieder Platz für einen Lehrling. Vor allem in Berlin gäbe es wieder mehr junge Leute, die sich für den Bäckerberuf interessieren – worüber sich natürlich auch Christa sehr freuen kann.