Was würde Banksy selbst dazu sagen? Vorausgesetzt er wäre mal wieder in Berlin, würde eine Mall betreten und mit der Rolltreppe in den ersten Stock fahren. Dort fände er seine Werke neben Modeläden und gegenüber vom Kantini, dem neuen Street Food-Bereich des Bikini. Moment mal – er? Sicher ist das nicht, denn wegen seiner meist nicht legalen Arbeit im öffentlichen Raum und trotz einiger Ausstellungen hat Banksy nie seine oder ihre Identität preisgegeben. Allgemein wird davon ausgegangen, dass es sich um einen männlichen Engländer handelt, der vermutlich aus Bristol oder Umgebung stammt und zeitweise in London gelebt hat. Doch aufgrund der Vielzahl seiner Arbeiten an verschiedenen Orten glauben manche auch, dass ein Kollektiv von Künstlern hinter dem Pseudonym steckt.
So oder so wäre der kapitalismus- und konsumkritische Banksy wohl nicht amüsiert über die Ausstellung The Art of Banksy. Zu der gibt es im Erdgeschoss eine Pop-up Box mit Merchandising, darunter Jutebeutel und Smartphone-Hüllen mit Banksy-Motiven. Der Eintritt zur Ausstellung kostet 14,50 Euro (ermäßigt 12,50). Als sie im letzten Jahr schon mal im ehemaligen Nobel-Club Felix im Hotel Adlon zu sehen war, mussten die Besucher sogar über 18 Euro berappen.
Zusammengestellt vom Ex-Vertrauten
Hinter The Art of Banksy steckt der Kurator Steve Lazarides. Aus dessen Sammlung und dem Bestand anderer privater Sammler stammen die gut 60 Exponate der Ausstellung. Es handelt sich um Originalzeichnungen, Gemälde und Skulpturen, die Banksy größtenteils in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts gefertigt hat. Zu jener Zeit war Lazarides eine Art Manager des Künstlers, 2008 trennten sie sich jedoch im Unfrieden. Dem australischen Stadtmagazin Broadsheet sagte der Kurator 2016, er sei sich darüber im Klaren, dass eine Retrospektive niemals in Banksys Sinne sei. Damals war The Art of Banksy in Melbourne zu sehen. Lazarides‘ Grund, die Werke dennoch zu zeigen, neben unausgesprochenen kommerziellen Interessen: Sie hätten heute noch mehr Relevanz als zu ihrer Entstehungszeit.
Und tatsächlich: Lässt man mal die grundsätzlichen Bedenken gegen die Schau beiseite, sind hier auf einem Fleck Werke versammelt, die mehr zu sagen haben als zehn andere Galerien zusammen. Völlig klar: Kunst muss nicht explizit Stellung beziehen; es geht hier nicht um eine Wertung. Doch Banksys Arbeiten sind ja für die Straße und den öffentlichen Diskurs gemacht. Wie wenige andere schafft er es, seine Kommentare zu Politik und Gesellschaft dort zu platzieren, humorvoll und äußerst einfallsreich in seine Werke und Aktionen verpackt. Selbst wenn seine Botschaften eigentlich als Stencil an eine Mauer gehören – verstehen und schätzen kann man sie auch im Einkaufszentrum.
Ufo-Alarm im Impressionismus
Zu sehen bekommst du im Bikini vom blumenwerfenden Demonstranten über den inlineskatenden Lenin bis zum Mädchen mit herzförmigem Luftballon viele von Banksys bekannteren Motiven – die man aber auf der Straße in dieser Fülle nie finden würde. Ein Highlight sind auch die impressionistischen Ölbilder, die Banksy auf Flohmärkten kaufte und mit herrlichen Verzierungen ergänzte. Im Moment sind in der Ausstellung noch die gleichen Werke vertreten wie schon 2017 im Felix. Laut den Veranstaltern sollen aber innerhalb der Laufzeit bis Mitte Juni einige Arbeiten dazukommen oder ausgetauscht werden. Eine nette Ergänzung ist bereits da: Mit einer VR-Brille und den entsprechenden Controllern kannst du selber eine virtuelle Wand besprühen – dein Werk wird im Ausstellungsraum auf einer Leinwand sichtbar.
Was von The Art of Banksy bleibt, sind zwiespältige Empfindungen: das offensichtlich starke monetäre Interesse der Veranstalter und das Gefühl, dass Street Art hier nicht Street Art sein kann, einerseits. Doch da hängen und stehen eben immer noch großartige, intelligente und aussagekräftige Bilder und Skulpturen. Was überwiegt, muss jeder für sich selbst entscheiden.
„The Art of Banksy“ ist bis zum 15. Juni 2018 im Bikini Berlin zu sehen. Geöffnet ist täglich von 10 bis 20 Uhr.