Kerzen flackern, Wandbilder und verzierte Tapete wechseln sich auf unregelmäßige Weise ab und der Geräuschpegel ist schon beträchtlich für einen Mittwoch. Die Hotel Bar in der Mariannenstraße ist einer dieser ominösen Orte, wo man nach getaner Arbeit versumpft und wohl nur schwer wieder herauskommt.
Wären wir in Italien, würden wir zu unserem Bier kostenfrei leckeres Essen dazubekommen, schließlich ist Aperitivo-Zeit, wie uns Violetta erklärt. Die 22-jährige Singer-Songwriterin stammt aus Reggio Emilia, einer Stadt in der Nähe von Bologna. Noch vor wenigen Wochen hat sie in London gewohnt, wobei sie immer wieder auch nach Italien und Deutschland pendelte. Mittlerweile nennt sie Wilmersdorf ihr neues Zuhause.
„Es ist nicht so verrückt wie Kreuzberg, es ist schön und ruhig. Ich denke, es ist ein guter Startpunkt, weil da auch nicht so viele Versuchungen zum Feiern lauern“, sagt Violetta, die sowieso lieber auf Konzerte geht und sich in Bars verabredet. Erst kürzlich spielte sie selbst in der Baumhausbar, Nähe Oberbaumbrücke. Allein mit welchem Schwung sie ihren Gitarrenkoffer geschultert trägt, als wir sie treffen, erkennen wir die allzeitbereite Musikerin in ihr.
Musikalische Vorbilder für sie sind Norah Jones und Chet Baker, den sie auch bereits coverte. Ihre eigene Musik beschreibt Violetta als geprägt vom US-amerikanischen Folk sowie ihrer italienischen Herkunft. So gibt es laut ihr Referenzen auf die italienische Musik der 60er Jahre mit Vertretern wie Luigi Tenco und Paolo Conte. Der Bezug auf Musik vergangener Tage ist dabei kein Zufall. Schon mit sechs Jahren fing Violetta an, Klavierstunden zu nehmen. Wenig später brachte sie sich,Gitarre spielen bei. Zu der Zeit sah sie eine Performance, die ihr im Kopf blieb, und zwar Marty McFlys großer Rock’n’Roll Moment in dem Filmklassiker Zurück in die Zukunft. Als er Chuck Berrys Song Johnny B. Good mit Leib und Seele auf der Bühne beim Highschool-Abschlussball spielte, war es um Violetta geschehen.
„Ich bin mit Blues aufgewachsen, denn mein Vater ist ein großer Fan. Er selbst spielt Mundharmonika und Gitarre. Er hat mich früh dazu ermutigt, Musikerin zu werden. Der Song Johnny B. Good war das erste, nicht klassische Stück, was ich auf dem Klavier gelernt habe. Damit konnte ich endlich gemeinsam mit meinem Vater musizieren“, so die junge Italienerin.
QIEZ: Was hast du immer in der Tasche, wenn du unterwegs bist?
Violetta Zironi: „Egal, welche Tasche ich gerade dabei habe, dort drinnen ist immer ein Plektrum zu finden.“
QIEZ: Was für ein Cocktail wärst du, wenn du hier auf der Karte stehen würdest?
Violetta Zironi: „Naja ich wäre ziemlich sicher ein Aperol Spritz. Es ist der perfekte Drink für jede Tageszeit.“
Mit 16 brachte sie noch Passanten in italienischen Straßen zum Staunen, denn Straßenmusiker, vor allem so junge, sind dort schon was Besonderes, berichtet Violetta. Mit zwanzig wagte sie dann den Sprung und reiste durch Europa und die USA. Dort traf sie auf viele andere Musiker, die entscheidend waren für die Entstehung ihrer EP Half Moon Lane. Darin behandelt sie Themen wie Liebe, Unsicherheit und Geldsorgen.
„Die EP dreht sich um die letzten zwei Jahre in meinem Leben, die sehr hektisch waren. Fast alle sich darauf befindenden Songs habe ich in Kollaboration mit anderen Musikern geschrieben, die ich während meiner Reisen getroffen habe.“ Damit wollte sie ihrer eigenen, strikteren Vision entfliehen, da andere Menschen Aspekte von ihr sehen könnten, die ihr gar nicht auffallen würden. „Mir ist es nicht wichtig zu sagen: Das ist mein Song. Ich möchte einfach ein schönes Lied machen, das meine Botschaft trägt.“ Natürlich schreibe sie auch alleine, selbst dabei seien aber Teile von anderen Menschen als Einflussgrößen vorhanden.
QIEZ: Was ist für dich der entscheidende Unterschied zwischen Berlin und London?
Violetta Zironi: „Es sind sehr unterschiedliche Städte. Berlin ist allerdings mehr relaxt als London. Dort ist es überall hektisch und alles bewegt sich schnell. Das weiß ich zwar sehr zu schätzen, denn ich komme ja aus einem Ort, wo nicht wirklich viel passiert. In Berlin gibt es hingegen auch ruhigere Ecken, so habe ich die Wahl. Besonders an Berlin sind die Möglichkeiten, die sich hier bieten. Menschen sind hier offener, sie hören mir zu, sprechen mit mir und versuchen mich kennenzulernen, ohne darauf zu achten, woher ich komme. Die Stadt ist offener für die Welt.“
QIEZ: Verrätst du uns noch ein Geheimnis über dich?
Violetta Zironi: „Immer wenn ich Johann Sebastian Bach höre, dann fange ich zu weinen an. Es macht dabei keinen Unterschied, ob ich ein Stück live höre oder auf Spotify, ich muss immer weinen.“
Violettas Pläne für die Zukunft? Auf jeden Fall mehr Songs schreiben und die Stadt besser kennenlernen. Denn in Berlin will sie erst mal sesshaft werden. „Wir werden sehen, wo das Leben mich hinbringt,“ schließt die Frau mit der warmen, hauchigen Stimme.
Wir trinken aus und bedanken uns bei Violetta Zironi für den schönen Abend. Zum Wohl!
Violettas EP Half Moon Lane erscheint im Februar 2018. Am 8. Dezember erschien daraus ihre Single Toast. 2018 folgt eine Europa-Tournee und zum SXSW Festival nach Texas geht es auch noch für die junge Musikerin.