Berliner Newcomer

Auf einen Drink mit...Yuri & Neil

Die Band Yuri & Neil tritt am 2. Februar im Musik und Frieden auf. Bei Bier und Schnaps erzählen sie über ihren verrückten Blitz-Plattenvertrag.
Die Band Yuri & Neil tritt am 2. Februar im Musik und Frieden auf. Bei Bier und Schnaps erzählen sie über ihren verrückten Blitz-Plattenvertrag. Zur Foto-Galerie
Wir ziehen durch die Bars der Stadt und laden uns Berliner Newcomer als Trinkgäste ein. Im Neuköllner Kuschlowski sprechen wir mit Falko und Jochen von der Band Yuri & Neil über ihren 24-Stunden-Plattenvertrag und was Tischtennis damit zu tun hat.

Hochbettenkonstruktion über der Bar als Lager für den Alkohol, brutzelnder Ofen,  Retro-Tapete, bequeme Eck-Sitzgelegenheiten und sogar vegane Küche am Nachmittag: Das eher kleine Kuschlowski in der pickepackevollen Weserstraße hat wegen der schönen und besonderen Gimmicks Potenzial zur Stammbar. Hier treffen wir auf Falko (Sänger) und Jochen (Bassist) von der Berliner Band Yuri & Neil. Die Band hat über die Jahre hinweg immer wieder ihre Besetzung geändert, seit 2014 jedoch steht das Quintett fest. Komplettiert werden die beiden von Stefanie (Keyboard), Dennis (Schlagzeug) und Johannes (Gitarre).

Frischester Zugang ist Falko, der nach seinem Umzug aus Thüringen eine Anzeige in einem Forum für Berliner Musiker schaltete und die anderen beim Casting im Proberaum von sich überzeugte. Den Sound zuvor beschreiben die beiden 32-Jährigen als Post-Rock mit teilweise verkopften sechsminütigen Tracks. Mittlerweile machen Yuri & Neil Indie-Pop. „Wir haben gemerkt, dass man gewinnen kann, wenn man Sachen weglässt. Unser Song Dolphin ist ein gutes Beispiel, da die ganze Strophe nur aus zwei Akkorden besteht“, sagt uns Jochen.

Für Dolphin produzierte die Band selbst ein Emoji-Video, das es innerhalb kürzester Zeit zum viralen Hit schaffte. Das Video wurde über Nacht mehr als 1 Million Mal geklickt und Major-Labels wie Sony, Universal und Warner boten den Fünf bereits am nächsten Tag einen Plattenvertrag an. Weniger als 24 Stunden nach dem Post auf Social Media kam so ein Plattenvertrag mit Sony zustande.

QIEZ: Wie seid ihr auf die Idee mit dem Emoji-Video gekommen?

Jochen (J): „Eigentlich wollte eine befreundete Produktionsfirma für uns ein Musikvideo machen. Dazu kam es leider nicht. So wollten wir es selbst umsetzen mit der Prämisse, dass es nur 1000 Euro kosten darf. Als wir uns dann in unserer Whatsapp-Gruppe zum Tischtennis verabreden wollten, habe ich an alle einen Tischtennisspieler – gebaut aus Emojis – geschickt. Mir war wohl langweilig in der U8. So entstand die Idee, jedes Wort des Songs als Emoji darzustellen. Dennis und ich haben einen Tag am Rechner verbracht und mittels PC und Handy das Video erstellt.“

Q: Wie ging es dann weiter?

J: „Wir haben das Video an unterschiedliche Websites geschickt, darunter auch 9GAG, die fast 40 Millionen Abonnenten auf Facebook haben. Sie haben das Video geteilt und plötzlich ging unser YouTube Kanal durch die Decke. Das war der Startschuss.“

Falko (F): „Unser Produzent hatte aus Spaß auch einige Majorlabel angeschrieben. Die reagierten innerhalb von nur einer Stunde, was absolut unüblich ist. In den Medien war vom vielleicht schnellsten Plattenvertrag die Rede.“

Falko (links) und Jochen (rechts) gehen gerne auf Konzerte von Neil Young oder Paul McCartney. ©QIEZ

Ein Hype war entstanden. Yuri & Neil ergatterten einen Auftritt im ZDF Morgenmagazin und auch RTL II und der Kinderkanal fragten nach Interviews. Laut den beiden Bandmitgliedern wurde das vertikale Handy-Musikvideo sogar in einer Vorlesung der Uni Köln besprochen, als Beispiel wie sich die Art der Kommunikation ändert, wenn man auf dem Handy Texte liest. „Wir werden auch von Online-Marketing-Experten angerufen, die von uns wissen wollen, welche Agentur dahintersteckt“, sagt Jochen mit verschmitztem Lächeln.

Vernunft kommt zuerst: Die Jobs bleiben

Die Fünf waren auf die Vertragsverhandlungen mit großen Musiklabels nicht vorbereitet. „Wir haben gar nichts verstanden. Unser Produzent hat uns bei einem Treffen in einer Kneipe erstmal den Unterschied zwischen Verlag und Label erklärt“, so Jochen ganz offen. Unwissenheit schützt bei Verträgen bekanntlich nicht, einfach unterschrieben hat die Band nach eigenen Angaben nicht. Jochen: „Wir haben uns mit Sony geeinigt, dass wir unser bisheriges Leben so weiterleben wollen. Das heißt, wir wollen alle unsere Jobs behalten und wir können bei Auftritten selbst entscheiden, ob wir das machen oder nicht. Uns werden keine Pflichten aufgebrummt.“

Bei der nächsten Runde Bier erfahren wir, dass es Falko nach einer Zeit in Neukölln nun nach Johannisthal gezogen hat. Die Wohnung fand er auf Ebay-Kleinanzeigen ohne Bild. Das Ganze stellte sich als Glücksgriff heraus. Bestes Feature sei der kleine Wald vor seiner Türe. Jochen lebt schon seit fünf Jahren in Neukölln am Kottbusser Damm. Die Beziehung gerade zu dieser Straße beschreibt er als Hassliebe.

Der Bandname Yuri & Neil sorgte in den USA für lustige Assoziationen.

Falko und Jochen sind bei Yuri & Neil für die Songtexte zuständig, aber auch komponiert wird alles in Eigenregie. Ganz viel musikalisches Know-how bringen laut Jochen die Mitglieder Steffi und Johannes mit, die Musik studiert haben. „Die wissen schnell, was geht und was nicht“. Ihren Prozess im Proberaum beschreiben Jochen und Falko wie folgt: „Einer hat meistens eine Idee und fordert dann die anderen auf etwas zu tun. Zum Beispiel ’spiel mal ein brr brr oder sing als hättest du ein Messer im Bauch.‚ Es wird dann solange rumgedudelt, bis es passt. Diese Methode hat sich bewährt.“

Mondfahrt oder Gang zur Toilette: Das Geheimnis hinter dem Bandnamen

Wer sich schon die ganze Zeit fragt, warum eigentlich Yuri & Neil, dem geht es genauso wie Jochens und Falkos Airbnb-Host in New York, der dachte wegen schneller, englischer Aussprache ihre Band heiße: Urinal. Das fand er sogar mehr Rock ’n’ Roll als die eigentliche Bedeutung, erinnert sich Falko. Tatsächlich stehen die beiden Vornamen für die Raumfahrtpioniere Yuri Gagarin und Neil Armstrong. Jochen würde gerne mal in den Weltraum und eine Kooperation zwischen Yuri & Neil und der ESA (Europäische Weltraumorganisation) ist sein großer Traum.

Q: Verratet uns doch noch ein Geheimnis über euch?

F: „Ich arbeite neben der Musik bei Universal, und zwar in der IT-Abteilung. Daher war das für mich schon etwas komisch, als wir den Vertrag letztendlich bei Sony unterschrieben haben. Es ging alles ziemlich schnell, doch alle Labels hatten ihre Chance. Natürlich kam der ein oder andere Spruch von Kollegen. Ich kann jetzt sagen, ich habe einen Vertrag mit zwei Labels, also ich bin doppelt gesignt (lacht).“

Q: Stellt euch vor Yuri & Neil wäre ein Drink – was wärt ihr dann?

J: „Früher wohl ein Long Island Ice Tea, jetzt konzentrieren wir uns auf das Wesentliche in der Musik, also vielleicht ein stark gemischter Cuba Libre.“

F: „Ich persönlich wäre ein 18-jähriger Whisky ohne Eis.“

Typisch Yuri & Neil: Unsere Drinkfrage wird per Emoji beantwortet.

Q: Was habt ihr immer dabei außer Handy und Geldbeutel?

F: „Ich nehme überall meinen Rucksack mit. Darin sind Studienunterlagen, weil ich gerade noch ein Fernstudium mache. Also auch viele Textmarker (zeigt uns verschiedene Farben). Ein teurer Kugelschreiber für 10 Euro, der schwer und unhandlich ist, aber der musste sein als Student. Dazu findet man bei mir immer einen Rasierer, einen Tischtennisball und meinen Reisepass. Den brauche ich, falls ich mich mal auf dem Mond ausweisen muss.“

Falko hat nicht nur immer seinen Rucksack dabei, sondern auch immer einen Tischtennisball. ©QIEZ

Q: Wann war euer letzter Absturz?

F: „Vor einem halben Jahr in der Filmkunstbar – es war sehr viel Gin Tonic im Spiel.“

J: „Bei mir auf einer polnischen Hochzeit. Ich hatte mir vorgenommen, gut mitzuhalten mit den Einheimischen. Das hat auch ganz gut geklappt, weil es zu dem vielen Wodka auch sehr fettiges Essen gab. Am nächsten Tag musste ich dann aber nach Hause fliegen – die Tüten im Flugzeug kennt ihr oder?“

Zum Abschluss laden uns die beiden noch auf den Hausschnaps ein. Gut, dass wir keine durchzechte Nacht hinter uns haben, denn die Mischung klingt gefährlich: Wodka, Erdbeere und Tabasco. Irgendwie mundet es doch. Wir trinken aus und bedanken uns bei Jochen und Falko für den lustigen Abend.

Yuri & Neil treten am 2. Februar im Musik und Frieden auf. Los geht’s ab 19 Uhr. Tickets gibt es ab 13 Euro. Mehr Infos zur Band findet ihr auf ihrer Facebookseite, hier gibt es sicher auch News, wann ihr erstes Album erscheint.

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Kuschlowski, Weserstraße 202, 12047 Berlin

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