Da das Neue Museum eine ernst(zunehmend)e Institution der Hochkunst ist, dreht sich die Schau vor allem um die Kulturgeschichte des Bartes. Das heißt: viele historische Exponate, Steinscherben, Büsten und Bilder. Die ältesten Stücke reichen zurück bis in die Zeit um 3000 v. Chr. Der Bart wird aber nicht nur als ältester Körperschmuck der Welt präsentiert.
In elf Stationen wird die Gesichtsbehaarung aus verschiedenen Perspektiven betrachtet: Bart als Symbol von Weisheit. Bart als Maskierung. Rasur. Soziologische Aspekte des Bartes. Und auch: Ist Bart gleich männlich? Das wirkt (auch wegen des geringen Platzes, den die Ausstellung einnimmt) manchmal gehetzt und chaotisch. Vor allem, weil viele Stationen noch einmal separate historische Querschnitte durch die Jahrhunderte geben.
Kurzweilige Sammlung von Anekdoten
Überall erzählen kurze Anekdoten, wie sich der Bart, seine Bedeutung und Rezeption entwickelt haben. Karl Marx und Auguste Rodin trugen ihre Bärte, um Unabhängigkeit zu demonstrieren. Hadrian war um 120 der erste römische Kaiser, der sich rasiert abbilden ließ, um sich mit griechischen Gelehrten gleichzusetzen. Zar Peter der Große erhob sogar eine Bart-Steuer und ließ lange Bärte kürzen, weil er in ihnen ein Zeichen für Rückständigkeit sah.
Die Bart-Ausstellung beendet den Hype
Diese Kleinteiligkeit ist die große Stärke der Ausstellung. Sie ist im besten Sinne kurzweilig. Der Besucher kann völlig wahllos und wie er will zwischen den Stationen wechseln. Lediglich das Ende ist recht klar definiert: Dort geht es um die moderne Sicht auf den Bart und den bekannten (Moustache-)Hype in der Popkultur. Den Schluss bildet ein Bildschirm mit Kamera. Wer will, kann sich dort mit einem Selfie verewigen. Und wer keinen Bart hat, benutzt eine der beigelegten, künstlichen Varianten.
Letztlich zieht die Ausstellung einen Schlussstrich unter den aktuellen Bart-Hype. Nicht nur, dass die Schau in einem Museum qua Definition Geschichte ist. Die Ausstellung entlarvt den Trubel um die Gesichtsbehaarung als eine Phase. Eine Episode in der Menschheitsgeschichte, die auch schon wieder vorüber ist. Das zeigt sich auch an anderer Stelle. Zum Beispiel werden Glattrasierte wieder attraktiver als Bärtige. Der Grund: Bart ist Mainstream und nichts Besonderes mehr. Eine Sache für’s Museum.
Die Ausstellung „Bart – zwischen Natur und Rasur“ ist noch bis zum 28. Februar 2016 zu sehen. Die Tickets kosten 12 Euro (ermäßigt 6) und ermöglichen auch den Besuch aller anderen Ausstellungen im Neuen Museum.