Jetzt geht es also wieder los: Autofahrer wehren sich gegen Weltverbesserer, die Kraftfahrzeuge am liebsten ganz aus der Innenstadt verbannen würden, damit sie überall freie Fahrt auf ihren Liegerädern haben. Oder wird die Debatte über den zweiten Berliner Modellversuch mit einer Begegnungszone im traditionell grünen Kreuzberg etwa weniger ideologisch aufgeladen ablaufen? Ab 2016 sollen im westlichen Teil der Bergmannstraße zwischen Mehringdamm und Zossener Straße nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer mehr Rechte bekommen, auch wenn das Vorrecht für Autofahrer auf der Straße selber qua Gesetzeslage nicht völlig ausgehebelt werden kann.
Die konkreten Planungen sollen erst im Herbst 2015 im Anschluss an die Konsultation von Bürgern und Experten starten. Typische Maßnahmen bei der Einrichtung von Begegnungszonen sind jedoch die Herabsetzung des Tempolimits für Kraftfahrer auf weniger als 30 km/h, bauliche Veränderungen an der Straße, die die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung begünstigen sowie der Wegfall von Parkplätzen. Der letzte Punkt sorgte bei der ersten in Berlin geplanten Zone in der Maaßenstraße bereits mächtig für Diskussionen.
Keine Verkehrsader
Doch schauen wir uns mal die Situation in der Bergmannstraße an, ohne gleich mit den Bedenken anzufangen. Mit einer klassischen Durchgangsstraße haben wir es nicht zu tun: Die Hauptverkehrsadern in der Gegend sind Gneisenaustraße, Mehring- und Columbiadamm. Der namensgebende Weg durch den Bergmannkiez ist vielmehr bekannt für die vielen Restaurants, Bars und kleinen bis mittelgroßen Geschäfte. Dementsprechend ist hier der Fußgänger- und Radverkehr ohnehin von großer Bedeutung. Optimal ist die Situation für nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer allerdings nicht. Vor allem Radler werden immer wieder durch (falsch) parkende Autos behindert. Und Fußgänger haben zwar ausreichend Platz auf den Gehwegen, doch zu einem entspannteren Einkaufsbummel würden langsamere Autos noch etwas beitragen.
Natürlich müsste es für Gastronomie und Einzelhandel Ladezonen geben. Natürlich würde der unumgängliche Wegfall eines Großteils der Parkplätze für die unmittelbaren Anwohner Einschränkungen bedeuten. Hier wären Bezirk oder Stadt gefordert, Ersatzflächen zu finden. Warum sollte die Bergmannstraße unter dieser Bedingung aber nicht zu einer echten Flaniermeile werden, die eilige Autofahrer problemlos umfahren könnten?