„Meinen morgendlichen Lauf heute um sieben haben Sie schon verpasst“, begrüßt mich Horst Milde kurz nach 10 Uhr im Café Pausini. Alle zwei Tage läuft er morgens – im Sommer sogar schon um 6 Uhr – für eine Stunde durch die Parkanlagen in seinem Kiez. Es ist immer die gleiche Strecke. Dabei trifft er stets auf Spaziergänger, die ihn wiedererkennen. Das läge allerdings weniger daran, dass er der Begründer des Berlin-Marathon sei, sagt er. Eher daran, dass die Leute sich immer noch an sein Geschäft erinnern. Den Anfang seiner Karriere startete Milde nämlich im Betrieb seines Großvaters in der Berliner Straße 79. „Manche Anwohner sind heute noch traurig, dass wir das Geschäft damals verkauft haben“, so der gelernte Konditor. Doch als Einzelbäcker konnte Milde dem Druck der Konkurrenz irgendwann einfach nicht mehr standhalten.
Das Laufen im Blut
Schon in jungen Jahren kristallisierte sich heraus, dass dem gebürtigen Tempelhofer der Sport quasi im Blut steckte. Am Askanischen Gymnasium machte er das Sportabitur und wenig später trainierte er beim TSV Tempelhof-Mariendorf als Leichtathlet. Zunächst lief Milde nur Kurz-, bald aber auch Mittelstrecken. „Da hat’s mich erwischt“, lacht der heute 77-Jährige. Der Erfolg kam schnell. Als Mittelstreckenläufer wechselte er zum SC Charlottenburg. Mit der 3-mal-1000-Meter-Staffel des Clubs wurde er zweimal Deutscher Meister (1964 und 1965).
Im November 1964 startete Milde den Crosslauf am Teufelsberg. „Normalerweise hatten Läufe so zwischen 50 und 60 Teilnehmer und plötzlich waren es 700“, berichtet der Sportorganisator über die Anfänge des Berliner Volkslaufs. Nicht umsonst wird Horst Milde heute als „der Mann, der Berlin das Laufen beibrachte“ bezeichnet. Denn seither rief er nicht nur den Berlin-Marathon ins Leben (1974), sondern animierte mit seinem Team weit über eine Millionen (!) Menschen zum Laufen.
Der Marathon-Erfinder stiehlt mit den Augen
Wenn Milde nicht gerade mit dem Laufen beschäftigt ist, besucht er mit Frau und Kindern gern das Restaurant Nuova Mirabella oder geht mit seinen Enkeln bei Vanille Marille ein Eis essen. Auf seine fünf Kleinsten ist der Großvater besonders stolz: „Ich habe immer darauf geachtet, meinen Kindern und Enkelkindern nichts aufzudrängen. Man kann Kinder schließlich auch kaputt trainieren. Umso mehr freut es mich nun, dass alle auch ohne meinen Einfluss sehr sportlich sind.“
Nachdem wir nach unserem Cafébesuch noch über die Blumenthal- und Albrechtstraße durch den Alten Park spaziert sind, will ich es nun aber doch noch genau wissen – worin liegt das Geheimnis seiner guten Gesundheit und Fitness? Hat er es wirklich nur dem Laufen zu verdanken, dass er mit 77 Jahren noch so fit ist? Horst Milde lacht: „Es ist vor allem wichtig, auf den eigenen Körper zu hören. Auch mal weniger oder zeitweise sogar gar nicht zu laufen, wenn man zum Beispiel krank ist.“