Viele Lokale rühmen sich damit, dass man dort den Alltag vergessen könne. Was das genau heißen soll, haben wir aber erst im vietnamesischen Hoa Rong begriffen. Wenn man den Raum betritt, wird man von einer märchenhaften Welt empfangen. „Hoa Rong“ heißt auch eine vietnamesische Legende, die die Geschichte eines Karpfens erzählt, der so kräftig flussaufwärts schwimmt, dass er das Wasser überwindet und als Drache in den Himmel aufsteigt, wo er nun für Regen und Wohlstand sorgt. Davon inspiriert, hat Designer Huy Thong Tran Mai eine unglaubliche Installation erschaffen, die raumgreifend die Verwandlung des Karpfens in den Drachen in einer Art illuminierten Scherenschnitt veranschaulicht. Durch LED-Lichttechnik sieht es wirklich so aus, als würden die Schuppen des Fisches schimmern.
Auch die Möbel verbreiten ein besonderes Flair. Hocker aus Stroh und Holz, kleine, runde Tische, ebenfalls aus Holz, helle, stoffbespannte Lampen und ein Reetdach über der Bar bringen vietnamesische Tradition zum Ausdruck. Im Zentrum steht ein Haus auf Stelzen – als Raum im Raum. Wer im Sommer trotz des fantastischen Gesamtkunstwerks draußen sitzen möchte, wird aber auch nicht enttäuscht. Die große Terrasse ist ein Geheimtipp. Die Gäste sitzen auf einem Podest aus Holz, darunter fließt Wasser. Helle Stoffbahnen spenden Schatten und Bambuspflanzen runden die typisch asiatische Optik ab. An kalten Abenden wird der Freiluftkamin gezündet.
So, nun kommen wir aber endlich auf das Essen zu sprechen. Geprägt ist die Küche im Hoa Rong durch die Bergregion Sapa, in der viele ethnische Stämme sehr traditionell leben. Entsprechend werden im Hoa Rong landestypische Zutaten, Kräuter und Gewürze verwendet. Auch Einflüsse aus Laos und Thailand sind zu spüren. Wir beginnen den genussreichen Abend mit gedämpftem Ei mit Soja-Kokosnote, Limettensalz und Knöterich, dazu Sommerrollen mit Gemüse und andere mit Fisch gefüllt. Beides sehr gut, aber das Ei gewinnt durch die ungewöhnlichen Aromen. Auch unsere Hauptspeisen sind lecker: handgemachte Reisknödel mit knuspriger Panade aus Kokosraspeln, Limettenblättern und Curry und Dinkel-Kurkuma-Waffeln mit lauwarmem Salat aus Buchenpilzen, Silberohr, gegrillten Hähnchenstreifen und frischen Kräuter.
Nachdem wir zum Essen ganz klassisch warmen Tee getrunken haben, der hier Bio-zertifiziert ist, gönnen wir uns als Dessert nicht nur ein Shave Eis aus Erdbeeren und Drachenfrucht, sondern dazu einen fruchtigen Cocktail, der so leicht rüberkommt, dass wir kaum glauben können, dass da Alkohol drin ist. Insgesamt gehen wir beseelt aus dem Hoa Rong, mit dem guten Gefühl, die perfekte Location für alle Jahreszeiten gefunden zu haben.