Der private Fernzugbetreiber Locomore hat einen Investor gefunden: Das tschechische Verkehrsunternehmen Leo Express wird neuer Betreiber des Zuges und nimmt ab dem 24. August den Zugbetrieb auf der Trasse Berlin-Stuttgart wieder auf. Damit scheint die günstige Alternative zur Deutschen Bahn gerettet zu sein. Bereits im Mai hatte Locomore Insolvenz beantragt, doch weil bis dato kein potentieller Investor gefunden werden konnte, wurde am 1. August 2017 das Insolvenzverfahren gegen den Bahn-Konkurrenten eröffnet.
Freifahrten als Entschädigung
Unterstützung erhält Locomore von dem Fernbusbetreiber Flixbus, der für Ticket-Vertrieb, Marketing und Service zuständig ist. Tickets für die Zugstrecken sind ab sofort bei Flixbus verfügbar. Die Züge werden einmal täglich von Donnerstag bis Montag fahren. Außerdem können Kunden nun auch Umsteigeverbindungen buchen und Fernbus- und Zugreisen miteinander kombinieren. Damit könnte der Fernbusanbieter der Bahn nun viele Kunden abjagen. Reisende, die vom Insolvenzverfahren betroffen sind und deren Locomore-Tickets ungültig geworden sind, sollen zudem Freifahrten erhalten und auch Crowdfunder, die Locomore unterstützt haben, bekommen von Flixbus ein Bonusguthaben.
Erst im Dezember 2016 startete Locomore mit einer Zugverbindung von Berlin nach Stuttgart. Der Firma, die sich per Crowdfunding finanzierte, blieben jedoch die Fahrgäste aus und finanzielle Rücklagen wurden aufgebraucht. Zudem hatte das Unternehmen ständig mit technischen Problemen zu kämpfen: Immer wieder fielen Waggons aus, wodurch Gäste nicht auf ihren gebuchten Plätzen reisen konnten und selbst Plätze für Rollstuhlfahrer oder das Kinderspielabteil nicht wie ausgewiesen bereitstanden.
Genau ein Zug fuhr früh morgens von Stuttgart nach Berlin und am Nachmittag zurück. Dabei machte er unter anderem in den Uni-Städten Heidelberg, Darmstadt und in Berlin am Bahnhof Zoo Halt – Stationen, die von der entsprechenden ICE-Verbindung der Deutschen Bahn nicht berücksichtigt werden. Der Zug, der aus älteren, aufgemöbelten Waggons zusammengestellt wurde, brauchte allerdings etwa eine Stunde länger für diese Strecke.
Günstig und mit Internet
Ein Plus gegenüber dem großen Konkurrenten sollte die Preispolitik sein. Die orientierte sich an der Nachfrage, lag jedoch nach Angaben von Locomore immer unterhalb des Bahncard 50-Flex-Tarifs der Deutschen Bahn. Die günstigsten Tickets für die gesamte Strecke begannen bei 22 Euro. Umwelt- und ernährungsbewusst wurden den Passagieren Bioprodukte im mobilen Speisewagen angeboten. Außerdem stellte Locomore WLAN im Zug zur Verfügung, was der Deutschen Bahn nun auch endlich gelingt. Und beim Buchen eines Zuges konnte man sich nicht nur für den Basic- oder den Business-Bereich, sondern auch für ein Themen-Abteil entscheiden: Dort sollten sich im Idealfall Mitreisende zusammenfinden, die sich über das Gleiche – etwa Fußball oder Literatur – oder in einer bestimmten Sprache unterhalten wollten. Die angebotenen Themen wechselten von Zeit zu Zeit. Der taz zufolge werden diese Themen-Abteile in Zukunft jedoch nicht mehr existieren.