Schon die ersten fünf Minuten im Film fühlen sich wie zu Hause an. Da ist das bekannte Geräusch, wenn sich die U-Bahn-Türen schließen, aber auch die bunten Straßenzüge rund um das Kottbusser Tor ziehen dich schnell in den Thriller mit Top-Besetzung.
Clare (Teresa Palmer) ist zum ersten Mal in Berlin, um etwas Verrücktes zu tun und dem Alltag zu entfliehen. Die junge Australierin steigt in einem Hostel ab, um sie herum wildes Partyvolk, viele Sprachen und natürlich der Fernsehturm. Aber so richtig Anschluss findet die introvertierte Frau nicht. Darum zieht sie allein mit ihrem Fotoapparat los, wobei sie sich besonders für DDR-Bauten interessiert. Während dieser Streifzüge trifft sie auf den Englischlehrer Andi (Max Riemelt). Da ist sofort eine Verbindung zwischen den beiden und der sympathische Mann mit den blauen Augen zeigt ihr die typisch deutschen Schrebergärten und den Kiez.
Andi nimmt Clare mit in seine Wohnung im Hinterhaus eines sonst leer stehenden Altbaus. Sie verbringen eine leidenschaftliche Nacht miteinander, doch am nächsten Tag ist der junge Mann weg und die Tür seines Apartments ist verschlossen. Clare tut das zunächst als ein Versehen ab, doch als sie merkt, dass ihre SIM-Karte fehlt und das Fenster aus Panzerglas besteht, realisiert sie: Andi hat nicht vor, sie irgendwohin gehen zu lassen.
Berlin Syndrom ist eine Buchverfilmung des gleichnamigen Romans von Melanie Joosten und wurde innerhalb von sechs Wochen sowohl in Berlin als auch in Melbourne gedreht. Im Film entspinnt sich Stück für Stück ein packender Psychothriller, der besonders durch die intensive und abgedrehte Beziehung zwischen Clare und Andi unter die Haut geht. Immer wieder versucht Clare, einen Draht zu Andi aufzubauen. Sie empfindet sogar Mitleid mit ihrem Entführer, was als Stockholm Syndrom bezeichnet wird und wohl auch zum Namen der Story beigetragen hat.
Darüber hinaus überzeugen beide Schauspieler auf ganzer Linie. Teresa Palmer (30) baut glaubwürdig Clares Gefühlswelt auf, die sich zwischen absoluter Verzweiflung und Überlebenswillen hin und her bewegt. Wer Max Riemelt (33) aus der romantischen Komödie Mädchen, Mädchen kennt, der muss jetzt stark sein, denn der Schauspieler ist zwar in seiner Rolle immer noch charmant, aber ein waschechter Soziopath. Den spielt er unübertrieben und gerade wegen der bedächtigen, ruhigen Art wirkt die Figur Andi besonders unheimlich.
Fazit: Berlin Syndrom ist ein richtig sehenswerter Thriller. Statt einen Schocker nach dem anderen zu liefern, baut der Film langsam auf. Aber keine Sorge, bis zum Schluss ist Spannung garantiert. Besonders toll ist, dass der Hollywood-Schminkeimer zu bleibt und leidende Charaktere tatsächlich auch so aussehen dürfen. Gänsehaut kannst du ab April 2017 bekommen, da kommt der Streifen in die Kinos. Einen offiziellen Trailer gibt es leider noch nicht. Für alle die nicht so lange warten können, der Film läuft auch auf der Berlinale, beispielsweise am 14. Februar. Mehr Infos hier.