Heute schauen wir uns mal an, was Berlins Straßen zu bieten haben. Bei art:berlin kannst du verschiedene Ausflüge und Touren in und um die Hauptstadt buchen, die auch Berlinern, die schon lange hier leben, einen neuen Blick auf die Stadt ermöglichen. Gesagt, getan: Los geht’s um 11 Uhr am Samstagvormittag. Mit Kaffee und Kamera bewaffnet, treffe ich mich mit anderen Street-Art-Interessierten und unserem selbsternannten Stadtbilderklärer Robert am S-Bahnhof Alexanderplatz vor Galeria Kaufhof.
Robert ist direkt guter Laune und das ist klasse, denn eine Stadtführung kann auch öde sein. Aber nicht mit ihm, denn mit viel Humor und Wissen über die Geschichte Berlins und seiner Street-Art-Künstler*innen punktet er bei den Zuhörern. Er war selbst mal in der Szene aktiv und kennt sich daher bestens aus. Wir machen uns in kleiner Gruppe gleich auf den Weg und gehen die Dircksenstraße entlang, wo sich viele bekannte und unbekannte Künstler*innen an den S-Bahn-Bögen verewigt haben.
Wenn du nach der Führung aufmerksam durch die Stadt gehst, wirst du manche Motive immer wieder sehen! Übrigens: Wer bei Street-Art nur an Graffiti denkt, wird überrascht sein, wie viele andere Styles an den Wänden zu finden sind: Ob Aufkleber, Paste-ups (die wie Poster angeklebt werden), bemalte Küchenfliesen, selbst gebastelte oder geschmiedete Skulpturen und Installationen – all das wartet darauf, von dir entdeckt zu werden.
Viele Street-Art-Künstler*innen benutzen Paste-ups und Poster, denn mögliche Strafen für die Anbringung von Kunst dieser Art sind erheblich geringer als das Bemalen von Wänden. Schon der Akt an sich, den öffentlichen Raum zu bemalen, ist illegal und kann mit Strafen von bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Wir lernen, dass Street-Art manchmal nur Verschönerung des Stadtbilds ist, manchmal aber eine reine Auflehnung gegen das System. Dass es als Kunstform immer auch politisch ist, kannst du im Haus Schwarzenberg sehen, einer weiteren Station der Tour. An den Wänden im Innenhof prangen große, bunte Werke gegen Überwachung, Rassismus und soziale Ungleichheit. Robert erzählt uns hier unter anderem von Otto Weidt, der mit seiner Blindenwerkstatt hier während des Krieges viele Juden vor der Deportation schützte. Sein Andenken wird hier bewahrt. Das denkmalgeschützte Gebäude ist außerdem ein kulturelles Zentrum im gentrifizierten Mitte und beherbergt unter anderem verschiedene Künstler*innen, eine Galerie, das Anne Frank Zentrum, das Kino Central und das Museum der Blindenwerkstatt Otto Weidt. Das Haus Schwarzenberg ist eine echte Kiez-Oase.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Als Bonus nimmt uns unser Guide dann noch mit nach Kreuzberg. Am Kotti besichtigen wir die großen Graffitis an den Häuserwänden und er erklärt uns deren Entstehung. Teilweise ist das ganz schön abenteuerlich und ebenfalls nicht immer legal (Stichwort Höhenangst!). Manche Street-Artists bringen sich selbst durchaus in Gefahr. Außerdem erfahren wir, welche Gruppen von Sprayern in der Stadt unterwegs sind oder waren. Einige der Kürzel an den Graffitis weisen auf weltweit bekannte Urheber*innen hin.
Nach zwei kurzweiligen Stunden ist die Tour dann auch schon wieder vorbei. Es war informativ, spannend und witzig! Vor allem lohnt es sich nicht nur für Touristen. Gerade wenn du schon länger hier lebst kannst du bei dieser Stadtführung spüren, was in Berlin los ist. Denn danach siehst du die Stadt – jedenfalls was Kunst betrifft – definitiv mit anderen Augen.
Weitere Führungen von art:berlin