Heute starten die 68. Internationalen Filmfestspiele in Berlin. Zehn Tage lang konkurrieren ausgewählte Filme um die begehrten Silbernen und Goldenen Bären. Und selbstverständlich werden auch wieder die Stars und Sternchen der Filmbranche erwartet: Tilda Swinton, Isabelle Huppert, Robert Pattinson und Joaquin Phoenix kommen nach Berlin. Und wo werden sie zu sehen sein? Auf dem Teppich, der auch in diesem Jahr rot sein wird.
Alles wie immer, könnte man meinen. Dabei startete die deutsche Schauspielerin Claudia Eisinger kurz vor Beginn der Berlinale die Petition #BlackCarpetBerlinale auf der Plattform change.org. Die aus Berlin stammende Schauspielerin forderte darin den Direktor der Berlinale Dieter Kosslick auf, den traditionellen roten Teppich schwarz zu färben. So könne im Rahmen der #MeToo-Debatte ein Zeichen gegen sexistische Übergriffe, Missbrauch und Diskriminierung in der Filmbranche gesetzt werden. Claudia Eisinger schreibt: „#metoo ist der kathartische Wirbelsturm, der sich endlich Bahn bricht. Endlich fällt Licht auf ein längst überholtes System und legt die Missstände nicht nur einer Branche, sondern einer ganzen Gesellschaft offen, die so lange stillschweigend hingenommen wurden.“
Nach dem Weinstein-Skandal, der die Debatte um sexuelle Gewalt in den USA auslöste, kleideten sich bei der 75. Verleihung der Golden Globes viele Schauspielerinnen in schwarz. Die einheitliche Farbe sollte Solidarität mit den Opfern und Zusammenhalt in Hollywood ausstrahlen. Aber auch in Deutschland wurden Vorwürfe gegen die Branche erhoben. Im Zeit Magazin berichteten mehrere Schauspielerinnen von sexuellen Übergriffen des deutschen Filmemachers Dieter Wedel.
Höchste Zeit also, dass sich die Berlinale, als eines der bedeutendsten Ereignisse der Filmbranche, in der Debatte über sexuelle Gewalt positioniert. Fast 25.000 Unterstützer unterzeichneten bereits die Online-Petition. Doch der Berlinale-Chef gab nun bekannt, dass der Forderung nach einem schwarzen Teppich nicht nachgekommen wird. Zurtazsagte Dieter Kosslick: „Die Beweggründe der Petition von Frau Eisinger können wir nachvollziehen, haben uns aber als Festival bewusst gegen eine ‚Symbolpolitik‘ entschieden und möchten vielmehr durch unser Programm zur Diskussion beitragen.“
Die Debatte um die #MeToo-Bewegung soll in einer Podiumsdiskussion zu sexueller Belästigung in Film, Fernsehen und Theater am Rande der Berlinale abgedeckt werden. Außerdem gab Kosslik bekannt, dass einige Filme wegen sexistischen Fehlverhaltens bereits vom Spielplan gestrichen wurden.
Sicher ist also, dass sich die #MeToo-Debatte auch im Programm der Berlinale widerspiegelt und während des Festivals präsent sein wird, egal ob nun roter oder schwarzer Teppich. Und ob ein schwarzer Teppich wirklich eine antidiskriminierende Wirkung gehabt hätte, bleibt fragwürdig. Dennoch wäre es ein deutliches Zeichen gewesen. Ein Zeichen, sich nicht länger rauszuhalten. Und vor allem hätte die Berlinale ein symbolisches Statement an die Betroffenen senden können: Ihr seid nicht allein!