Kino-Tipp

303 oder der Anti-Tinder-Film

Jan und Jule aus "303" rennen Richtung Meer.
Sommer, Liebe und großartige Dialoge hat "303" im Gepäck.
Die fetten Jahre sind für Regisseur Hans Weingartner nicht vorbei: Mit „303“ liefert er uns einen würdigen Nachfolger seines anarchischen Kino-Erfolgs: wortreich, meinungsstark und emotional. Statt auf Revoluzzer treffen wir nun auf Studenten mit romantischen Träumen

Du bist (noch) nicht im Urlaub, sehnst dich aber nach einer Auszeit, nach einem Roadtrip, nach einer neuen Liebe oder einem weinseligen Abend mit deinen Freunden: Dann ist 303 genau der richtige Film für dich. Hans Weingartners neuester Streich zeigt uns schöne Landschaften und die Weite des Meeres, bringt uns zurück in eine Zeit, als Gefühle noch langsam wachsen konnten, und lässt uns teilhaben an Philosophien und Thesen, die mal unterhaltsam und manchmal auch einfach sinnlos sind. Die Studenten Jule (wahnsinnig natürlich: Mala Emde), schwanger auf dem Weg zu ihrem Freund nach Portugal, und Jan (Anton Spieker), der in Spanien erstmals seinen leiblichen Vater treffen will, finden unterwegs in den Süden mehr zueinander als sie es wollen – ja, und vielleicht ziehen sie sich gerade deshalb an, weil sie gar nicht bereit dazu sind.

Zeit für Gefühle

Weingartner selbst war es übrigens, der 303 einen Anti-Tinder-Film nannte. „Statt drei Sekunden Wisch-und-weg, gibt es die langsame Annäherung zweier Seelen“, erklärt der Regisseur seinen Ansatz. Genau deshalb sollte man auch mit Zeit und Muße in den Film gehen, der viel von dir verlangt. Denn die Dialoge sind nicht ohne, ständig geraten die beiden in Konflikte über Weltanschauungen und Theorien, ja sogar in Sachen Liebe sind sie nicht eins… bis Gefühle ins Spiel kommen.

Keine Liebe hält ewig?

Und dann muss man es als Zuschauer aushalten können, dass die beiden eine ganze Weile brauchen, sich über den anderen klar zu werden – lange Blicke, T-Shirt-Schnüffeln und linkische Berührungen inklusive. Für die europäische Jugend, die angeblich selten das Glück hat, jenseits von Apps Liebe entstehen zu lassen, ist diese bedächtige Herangehensweise an das Sich-Verlieben bestimmt ungewohnt. Für uns war es das auch, aber wenn man sich fallen lässt, wird man mitgetrieben – ebenfalls gemächlich versteht sich. Aber Achtung: „Monogamie ist kulturell programmiertes Unglück“ – sagt Jan. So wie dieser Satz bleiben einige Zitate des Films in Erinnerung und du darfst sie sicher beim nächsten Gelage mit deinen Freunden fallen lassen.

Der Film „303“ von HansWeingartner kommt am Donnerstag, den 19. Juli 2018, in die Kinos.

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