Neue Besitzer der Karstadt-Immobilie freuen sich über die Gentrifizierung in Kreuzberg und Neukölln. Laut Branchengerüchten könnte die Billigtextilkette Primark in Teile des Warenhauses ziehen.
Das Gebäude von Karstadt am Hermannplatz an der Grenze von Kreuzberg zu Neukölln gehört jetzt Niederländern – und falls Branchengerüchte stimmen, wollen diese in Teilen des traditionsreichen Warenhauses als großen neuen Umsatzbringer die irische Billigmodekette Primark ansiedeln. Diese ist weltweit noch immer auf Expansionskurs.
Ein Publikumsmagnet ist bereits die erste Berliner Primark-Filiale, die im Sommer 2012 ins „Schloss-Straßen-Center“ am Walther-Platz in Steglitz gezogen war. Das zuvor schlecht frequentierte Einkaufszentrum zieht junge Leute aus ganz Berlin an. Geplant ist auch eine Filiale am Alexanderplatz in ehemaligen Saturn-Räumen. Als vor einer Woche die Niederlassung in Düsseldorf eröffnet hatte, warteten dort 1000 Menschen vor der Tür. Aber es gab auch Proteste gegen die Arbeitsbedingungen von Näherinnen in Bangladesch, wo hunderte Menschen beim Einsturz der Fabrik eines Zulieferers gestorben waren.
Karstadt hat sich vor Jahren von seinen Immobilien getrennt und ist dort nur noch Mieter. Nun hat der Eigentümer am Hermannplatz erneut gewechselt: Das „Highstreet“-Konsortium verkaufte es an einen Fonds der Immobilienfirma Meyer Bergman, die von Niederländern in London geführt wird. Ihr gehören jetzt auch das Parkhaus mit 680 Plätzen und ein Gebäudeteil mit Büros und Wohnungen. Meyer Bergman lobt den „pulsierenden“ Ort mit besten Verkehrsverbindungen. Man profitiere von einer „Welle der Gentrifizierung“ in Kreuzberg und Neukölln und den Plänen für den Flughafen Tempelhof. Den Kaufpreis nennt die Firma nicht. Auch zu den „Marktspekulationen“ um Primark sagte ein Sprecher nichts. Karstadt teilte nur mit, man habe einen „langjährigen Mietvertrag“.
Karstadt läuft eigentlich nicht schlecht
Dass Primark mit einziehe, ist aus verschiedenen Quellen zu hören. „Das Gerücht hält sich hartnäckig“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen. Er hält es für glaubwürdig, dass die Kette mehr als zwei Standorte in Berlin plane. Da sie aber große Flächen brauche, kann er sich eine Koexistenz mit Karstadt „schwer vorstellen“. Dagegen hält Warenhausexperte Christoph Meyer von der Berliner CM Best Retail Properties GmbH das Haus „groß genug für zwei“. Die Untervermietung von Flächen liege im Trend, so auch im KaDeWe mit seinem „Luxusboulevard“ der Markenanbieter. Um zu überleben, müssten Warenhäuser „kleine Shoppingcenter werden“.
Das 1929 eröffnete Haus am Hermannplatz hatte einst neun Etagen, 3000 Mitarbeiter, eine große Dachterrasse und als Neuheit den direkten U-Bahn-Zugang. Der Bau wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Der heutige, mehrmals erweiterte Neubau läuft laut Busch-Petersen „eigentlich nicht schlecht“.