Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez

Mit Postmaxe durch Heiligensee

Der Heimatverein, in dem Herr Polzin Mitglied ist, ließ anlässlich des 700-jährigen Bestehens von Heiligensee dieses kleine Denkmal errichten.
Der Heimatverein, in dem Herr Polzin Mitglied ist, ließ anlässlich des 700-jährigen Bestehens von Heiligensee dieses kleine Denkmal errichten. Zur Foto-Galerie
Er kennt sie alle, den Postboten, den Fischhändler, die Leiterin des Schullandheims, den Betreiber des Strandbades. Und auch er wird von allen auf der Straße gegrüßt. Frank-Max Polzin alias Postmaxe ist eine Reinickendorfer Berühmtheit - und ein Spezialist für die Historie des Angerdorfs Heiligensee.
Wir treffen Frank-Max Polzin am Südfeld, auf dem das Korn von Bauer Zorn schon ziemlich hoch steht. Sofort legt er los mit historischen Fakten: „Bis 1958 fuhr hier die Straßenbahn Nummer 29. Die Bushaltestelle, die dort zu sehen ist, war früher Straßenbahnhaltestelle ‚Flugplatz Schulzendorf'“. Als Kind kam Postmaxe, so Polzins Spitzname, oft hierher. Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist er in Borsigwalde. „Mein Vater war Zusteller in Heiligensee“, erzählt Polzin. An den Wochenenden fuhr die Familie mit der Straßenbahn in das Angerdorf, um Freunde und Bekannte zu besuchen. Er kennt Heiligensee also seit seiner Kindheit. Nachdem er 1963 ebenfalls wie sein Vater bei der Post anfing und anfangs im Schloßbezirk rund um die Gabrielenstraße in Tegel zustellte, kam er zehn Jahre später schließlich auch nach Heiligensee. 26 Jahre lang war er hier Zusteller, bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1999.
 
Mittlerweile kennt er jeden und jeder kennt ihn. Er ist eine Berühmtheit im Angerdorf, nicht nur bei den Alteingessenen. Auch bei den Jungen, die später ins Dorf zogen. Bekannt geworden ist Polzin in der Gegend nämlich nicht nur, weil er den Leuten die Post zustellte, sondern weil er sich seit vielen Jahren intensiv mit der Historie des Ortes beschäftigt. Neben Führungen durch das Dorf hält er regelmäßig Lichtbildervorträge, die bei den Heiligenseern und Berlin-Interessierten sehr beliebt sind.
 
 
 
Zwar lebt Polzin nun in Reinickendorf, doch in den warmen Monaten des Jahres hält er sich viel in Heiligensee auf. Dann findet man ihn in seiner Laube in der Kolonie am See. Dort ist nicht nur sein Archiv untergebracht, „wir haben sogar eine eigene Badestelle“, schwärmt Postmaxe. „Da kommt man aber nur rein, wenn man einen Schlüssel hat“, schiebt er gleich hinterher. Denn der Heiligensee befindet sich in Privatbesitz und ist öffentlich nur über das Strandbad zugänglich. Darum ist er wohl auch so sauber und artenreich, über 20 Fischarten schwimmen hier und an seiner tiefsten Stelle misst er neun Meter, weiß Polzin. 
 

Vom Winde verweht

 
Und wo wir schon einmal beim See sind – er entstand während der letzten Eiszeit. Der Sand, der sich einst an dieser Stelle befand, wurde vom Wind verweht und ist heute in Form einer Wanderdüne zu bestaunen. Den Gipfel der Sandberge besteigen wir gemeinsam. Doch vorher geht es zum Schullandheim, das sich im ehemaligen Militärgebiet der Franzosen befindet. „Zur Zeit des Algerienkrieges haben die das Gelände rund um das Heim zu Übungszwecken genutzt, da wurde wild geschossen und keiner kam rein oder raus“, erinnert sich der 66-Jährige. Wenn er selber Schulklassen mit auf seinen Dorfrundgang nimmt, dann ist das 1954 von Walter May errichtete und noch heute genutzte Schullandheim Ausgangspunkt seiner Tour. „Früher, als ich noch Zusteller war, habe ich hier täglich meine Pause gemacht. Es stand immer ein Getränk, Wasser oder Kaffee, für mich bereit“, erzählt er und winkt der Heimleitung zu, die gerade mit ihrem Roller vorbeifährt. 
 
Die Sandberge gehören zu Polzins Lieblingsorten in Heiligensee, sommers wie winters. Dann kommt er gern mit Decke und Glühwein ausgerüstet hinauf, sucht sich ein lauschiges Plätzchen, genießt die Ruhe und denkt vielleicht schon über einen seiner neuen Funde nach. Seit etwa 14 Jahren sammelt Polzin alles, was irgendwie mit Heiligensee zu tun hat. Mit einer Sammlung von 90 Blatt fing alles an: Fotos, alte Zeitungsausschnitte, Zeitzeugenberichte. „Dann lernt man durch sein Hobby andere kennen, die das schon viel länger machen und möchte deren Sammlung überbieten“, scherzt Postmaxe. Aber inzwischen sei er mit den anderen Ortschronisten befreundet und tausche sich in einer Heimatgruppe mit acht Mitgliedern regelmäßig aus. 
 

Erzählstunde im Versicherungscafé

 
Postmaxe und sein Freunde vom Versicherungscafé.
Was er denn sonst noch empfehlen könne in seinem Sommerwohnsitz? Die Havelfischerei von Markus Liptow und Klaus Gabriel. „Denen statte ich jede Woche einen Besuch ab und lasse mir mein Matjesbrötchen schmecken. Dazu ein kühles Bier, herrlich.“ Neben belegten Fischbrötchen kann man dort seit 50 Jahren donnerstags bis sonntags fangfrischen Fisch kaufen. Und nicht genug der kulinarischen Leckerbissen: In Heiligensee wird auch allerbester Kaffee kredenzt, der es mit so mancher Coffee-Shop-Kreation in Mitte oder Prenzlauer Berg aufnehmen kann. Im Allianz Versicherungscafe bietet Christine Schairer neben Renten-, Rechtsschutz- und Hausratversicherung ihren Kunden auch Cappuccino und Kuchen an, „um eine entspannte und vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen.“ Wer möchte, bekommt den Kaffee natürlich auch ohne Versicherungsabschluss.
 
Und während wir so beisammen sitzen bei Latte Macchiato und Marmorkuchen, erzählen sie von Dingen, die sie als Heiligenseer bewegen. Von der neuen Schranke, die den Zugang zur Slipanlage regeln soll. Ein Anwohner fühlte sich durch das Verkehrsaufkommen vor seinem Haus gestört, obwohl es den Zugang schon seit Jahren gibt. Bootsbesitzer konnten bisher täglich ihre Schiffe in die Havel lassen, nun sind dafür nur noch ein paar Tage bzw. Stunden im Sommer vorgesehen. Fassungslos schauen Postmaxe und die Allianzer sich an.
 
Ein anderes Thema, welches für Zündstoff im Ort sorgt, ist der alte Maulbeerbaum, der zu Zeiten des Alten Fritz gepflanzt wurde. Das Efeu macht ihm schwer zu schaffen und viele Anwohner sorgen sich um seine Gesundheit. Doch bisher hat sich seitens des Gartenbauamtes nicht viel getan. Dann wäre da noch der neue Lebensmitteldiscounter jenseits der alten Dorfmauern. Postmaxe und seine Freunde sinnieren darüber, wie es möglich war, dass gerade der den Bebauungszuschuss bekam und nicht ein Projekt, das sich besser in das Gesamtbild des historischen Dorfes integriert hätte. Und so könnten wir noch länger sitzen und über Heiligensee und seine Geschichten erzählen, doch irgendwann ist jeder Tag einmal vorbei. 
 
Weitere Infos zum Postmaxe findest du hier.

Foto Galerie

Allianz Versicherungscafe, Alt-Heiligensee 60, 13503 Berlin

Telefon 030 79788788

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