Eine historische Aufnahme des Blockhaus Nikolskoe - bereits in den 50er Jahren eine der ersten Anlaufstellen für Berliner, die einen Restaurantbesuch planten.
Die Italiener waren die ersten, die ihre Esskultur nach Berlin gebracht haben, oder? Aber wann kamen eigentlich die ganzen Sushi-Läden in die Stadt? Und wie war das mit dem Döner? Unsere neue Serie unternimmt einen Streifzug durch die Geschichte des Ausländischessens in Berlin - von 1951 bis 2013. Wir starten mit den 50er Jahren.
Als Vorlage für die Reise durch die Jahrzehnte dient uns Harald Martensteins „Kleine Geschichte des Ausländischessens“ (in: Martenstein, Romantische Nächte im Zoo, Aufbau Verlag, 2013). Martenstein schreibt hier: „Zuerst kam der Italiener zu uns, in den 50er Jahren. Man denkt da als Erstes: Pizza. […] Wichtiger als die Pizza war für die Volksgesundheit, dass der Italiener uns essbares Obst und leckeren Salat mitgebracht hat. […] Die Arbeiter blieben bei der Blutwurst, alle anderen gingen zum Italiener.“
So weit so gut. Ein Blick auf eine im August 2013 von der BFB BestMedia4Berlin GmbH erstellte Studie zeigt jedoch, dass in der Gelbe Seiten Ausgabe von Westberlin 1951 nur zwei italienische Restaurants verzeichnet waren: Die Cantina Romana in der Fasanenstraße 78 und das Ristorante Italiano Bella Napoli in der Kantstraße 46, beide in Charlottenburg gelegen. Internationale Konkurrenz für die „Exoten“ stellten lediglich zwei österreichische (das Wiener Stübl und der Wiener Hof) sowie drei griechische Gastronomiebetriebe (Akropolis, Delphi-Palast und Taverna Saibene) dar.
Noch kein Trend zum Ausländischessen
Ein echter Trend zum Ausländischessen hatte in der vom Krieg gezeichneten Hauptstadt also noch nicht eingesetzt, Besuche in ausländischen Restaurants waren eher die Ausnahme. Man verließ sich auf Selbstangebautes und Altbewährtes. So wurde in den Restaurants beispielsweise häufig das relativ günstige Pferdefleisch angeboten, in der heutigen Kollwitzstraße gab es sogar ein spezielles Pferderestaurant. Im von den Sowjets verwalteten Ostteil der Stadt gehörte die sogenannte „Grützsuppe“, eine Kombination aus Buchweizenschrot, Kartoffeln, Bohnen und Karotten, zum Alltag.
Plante man einen Restaurantbesuch, was zu dieser Zeit sowieso sehr selten der Fall war, so gehörte das Blockhaus Nikolskoe zu den traditionellen Lieblingsrestaurants der Westberliner. Das Haus wurde 1819 als Geschenk von Zar Nikolaus und seiner Ehefrau Charlotte, der ältesten Tochter von König Friedrich Wilhelm III., erbaut. Darauf verweist auch der Name des Gebäudes: „Nikolskoe“ bedeutet „Nikolauseigen“.
Zunächst wurde das sogenannte „Russische Haus“ als Teestube und Caféhaus genutzt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte sich der Betrieb als Restaurant. 1984 brannte das historische Gebäude ab, das Blockhaus konnte jedoch dank tatkräftiger Unterstützung originalgetreu wieder aufgebaut und bereits ein Jahr später eröffnet werden. Zu den prominenten Gästen des Gastronomiebetriebes, in dem heute vor allem gut bürgerliche Küche serviert wird, gehören der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler, Musiker Frank Zander oder Designer Wolfgang Joop.
Welche Geschichten können Sie über die Lieblingsrestaurants der Berliner oder die Lust der Hauptstädter am Ausländischessen erzählen? Erinnern Sie sich an besondere kulinarische Anekdoten aus den vergangenen Jahrzehnten? Schreiben Sie uns an redaktion@qiez.de!