Jaczo von Köpenick hatte es nicht leicht. Der Slavenfürst musste vor 885 Jahren mit Sack und Pack – und Pferd – vor Albrecht dem Bären, einem Askanier, flüchten. Vom Gatower Ufer trat er die Flucht nach vorn durch die Havel an und kam bis zur heutigen Schildhorn-Halbinsel. So erzählt die Sage. Wesentlich ungefährlicher ging es am Sonntag zu. Knapp 40 Männer, Frauen und Kinder legten die Strecke von der Badewiese der Gatower Jaczo-Schlucht bis zum 750 Meter entfernten Ziel zurück. Dabei begleitete sie zur Sicherheit die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) mit Booten.
Beim Jaczo-Fest in Gatow ist der Schwimmwettbewerb die Krönung. Damit soll der erfolgreichen Flucht Jaczos erinnert werden, die ihn zum Christentum bekehrt hatte. Gleichzeitig sollen zwei Projekte der Denkmalpflege öffentliche Bekanntheit erlangen. Die Sanierung des Jaczo-Turms in Gatow wurde kürzlich abgeschlossen, aber die Sandsteinsäule auf Schildhorn braucht noch einen neuen Anstrich. Dafür setzt sich eine Bürgerinitiative ein. Beide Bauwerke rufen die Sage des Slavenfürsten ins Gedächtnis.
Das Jaczo-Fest fand dieses Jahr bereits zum zweiten Mal statt. 2011 riefen der Verein Bürger für Schildhorn und der Förderverein Historisches Gatow die Veranstaltung ins Leben, um die Sage einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Neben der Halbinsel Schildhorn wurde auch in der Jaczo-Schlucht gefeiert. Dieser kleine Park, der sich neben der Weinmeisterhöhe bis zur Scharfen Lanke ausbreitet, lässt romantische Gefühle aufkommen. Dort steht der Jaczo-Turm aus dem 19. Jahrhundert, der aus Feldsteinen erbaut wurde. Mit einem Relief wird die Sage dargestellt. Der inzwischen beklagenswerte Zustand des Monuments hatte letztes Jahr den Förderverein dazu gebracht, ihn bis zur letzten Zinne wieder herzurichten.
Ein Fest für einen Turm
Im Park und an der Badestelle wurde am Sonntag Geschichte neu belebt. Askanier-Ritter aus dem frühen Mittelalter demonstrierten ihre Kampfkunst. Böttchern konnte man beim Fassbau zusehen. Ein Theaterstück über die Jaczo-Sage führte die Klasse 4b der Paul Moor Schule aus Gatow auf. Auf der Bühne flüchtete der Slawenfürst auf seinem Pferd die Schlucht hinunter. Er ertrank fast in der Havel, flehte um sein Leben beim Gott der Christen und schleppte sich letztendlich wohlbehalten ans Ufer. Dort soll er seinen Schild und sein Horn an einem Ast zurückgelassen haben, um zu schwören, dass er von da an, an den christlichen Gott glauben würde.
Am Sonntag schmückte das Horn statt eines Baumes die 14 Meter hohe Sandsteinsäule auf Schildhorn. Wer beim Wettschwimmen als erstes ans Ufer kam, den Hügel bezwang und kräftig ins Horn blies, sollte Sieger des Wettbewerbs in seiner Gruppe sein. Die mit einem Kreuz geschmückte Sandsteinsäule wurde 1844 von Friedrich August Stüler im Auftrag Friedrich Wilhelms IV. erbaut. Vier Jahre später zeigte ein Bild des Malers Eduard Gaertner aus Berlin, dass die Säule zu der Zeit weit sichtbar auf einer Erhöhung stand.
Heute ist die Sicht nicht mehr so frei. Von der Säule aus sieht man hohe Bäume und Unterholz, aber nicht die Havel. Einige Wege sind fast ganz von Pflanzen überwachsen. Mit einem „Volkspark Schildhorn“ will der Bürgerverein Schildhorn den Ort zugänglicher machen. Zumindest vom Badestrand zum Denkmal sind die Wege gelichtet. Wegweiser deuten in Richtung Monument und Bänke säumen die Badewiese und den Platz um die Säule. Dies konnte in Zusammenarbeit mit dem Forstamt möglich gemacht werden. Ein weiterer Meilenstein der Fördervereine, das Jaczo-Fest wurde stilecht von mittelalterlichen Musikanten begleitet, die den Leuten die Sage näher brachten. „Schildhorn und die Jaczo-Schlucht sind eben idyllische Plätzchen“, meint Ulrich Reinicke vom Gatower Förderverein. Die Kunde davon soll sich nun in ganz Berlin herumsprechen. Mit etwas Glück klappt das.