Oh Boxi, was soll ich über dich erzählen? Und wem eigentlich? Wer dich kennt, der weiß Bescheid. In einem Kiez, in dem die Hunde „Pfeffi“ heißen, mancher New-Berliner seit Jahren ohne ein Wort Deutsch durch die Cafés zieht und wo auf dem Bürgersteig kaum ein Durchkommen ist, bist du Auszeit für alle. Für Eisesser, Biertrinker, Muttis und Jongleure. Du hast dich sehr verändert, obwohl du noch immer der Alte bist.
Wenn ich zum 110-Jährigen über den Boxhagener Platz schreiben möchte, dann geht das nicht ohne in Gedanken schon zwischen Kronkorken und Kippen auf seiner blassgrünen Wiese zu sitzen; Kindergeschrei, Hundegebell und Straßemusik im Ohr. Genausowenig geht es, ohne einen Blick zurück zu werfen. Zum Beispiel um herauszufinden, wo dieses Boxhagen überhaupt liegt?
Erst flanieren, dann kassieren
Dann ging es schnell mit dem Bauboom. Sobald sich der heutige Kiez zum Arbeiterviertel entwickelte, war es vorbei mit Flanieren. Die Anwohner wollten vor der Tür einkaufen. Also Umbau: weniger Grün, breitere Wege. Platz für Marktbuden ist in der kleinsten Hütte! Am 1. April 1905 ging es los mit dem Wochenmarkt auf dem Boxhagener Platz. Mittlerweile findet er am Sonnabend statt, gefolgt vom sonntäglichen Run auf Retro, Ramsch und Raritäten auf dem Flohmarkt.
Urgesteine: Markt und Café Achteck
An diesen Ursprung eines der ältesten Wochenmärkte Berlins erinnern größere Steine im Wegpflaster. Ihr Abstand hatte Marktbudenmaß. Ein weiteres Urgestein ist das „Café Achteck“ am Ausgang Gärtnerstraße. Seit 1906 lädt es Herren zum unbeobachteten Austreten ein. Seit dem Jahr 2000 kann auch der Friedrichshainer von heute sich darin erleichtern – und weil sich die Welt ein bisschen gedreht hat, sind sogar Frauen zugelassen. Auch sonst ist der Platz mit der Zeit gegangen: In seinen Zwanzigern wurde er mit dem ersten von zwei Spielplätzen und der 300 Quadratmeter großen Plansche kinderfreundlich, in seinen Vierzigern wurde er durch neue Zugänge noch leichter zu erreichen. Was während des Zweiten Weltkrieges in Mitleidenschaft gezogen wurde, stellten die Berliner in den 1990ern wieder her. Seit 1984 gilt der Boxi übrigens als Gartendenkmal.
Willy Brandt im Burgeramt
Auch andere sind schon lange dabei. Ungarische Abende im Szimpla, Volksküche in der Grünberger 73 und das Pils im Feuermelder, auch das Drumherum gehört zum Platz. Wenn man sich so umsieht, ist überhaupt noch viel beim Alten. Vor allem außerhalb des Markttreibens. Man sitzt, man trinkt, man quatscht, man spielt, man kauft, man trifft. Entspannt und immer wieder gerne. Was man zum Leben eben braucht: Eine ewige Auszeit vor der mehr oder weniger gentrifizierten Tür. Lieber Boxi, schön, dass es dich gibt!