Das Pilotprojekt Begegnungszonen steuert – begleitet von massiver Kritik – in eine entscheidende Phase. Für die Bergmannstraße in Kreuzberg beginnt am heutigen Dienstag die zweite Runde der Bürgerbeteiligung. Jetzt werden online konkrete Gestaltungsentwürfe vorgestellt, die „von den Bürgern diskutiert, kommentiert und ergänzt werden können“, wie es in einer Mitteilung des Senats heißt. Am 4. März können Anwohner in einer großen Bürgerwerkstatt im Columbia-Theater Planungsideen beisteuern und Kommentare abgeben.
Dass es schon konkretes Anschauungsmaterial gibt – die Begegnungszone in der Schöneberger Maaßenstraße – macht die Arbeit der Senatsplaner nicht einfacher. An der Maaßenstraße entzündet sich seit Monaten massive Kritik. Am Montagnachmittag wollte eine Initiative dazu rund 1000 Protestunterschriften an Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) übergeben. Sprecherin ist die Anwohnerin Ayo Gnädig. Sie lässt kein gutes Haar an der Zone.
Die Zone ist „völlig misslungen“
Wenn es Probleme mit Autofahrern gebe, die durch Tempo-30-Zonen rasten, solle man sie durch Kontrollen zur Räson bringen. Für Radfahrer hätten Streifen am Fahrbahnrand gereicht. Viele Cafébetreiber und Ladenbesitzer hatten die für 700.000 Euro eingerichtete Zone von Anfang an abgelehnt und fühlen sich jetzt bestätigt.
Im Onlineforum zur Bergmannstraße finden sich ähnliche Kommentare: „Bitte! Bitte! Keine Maaßenstraße hier, im Bergmannkiez. Man möchte in einem schönen Ort wohnen bleiben statt in einem toten und unattraktiven ohne jegliche Individualität und Menschlichkeit!“ – „Die in der Maaßenstraße realisierte sogenannte ‚Begegnungszone‘ ist eine von Fantasielosigkeit, grauenhafter Monotonie und geistiger Versteinerung der Planerhirne zeugende Zone.“
Baustadtrat Daniel Krüger (CDU) betont, dass es sich um ein Pilotprojekt handele, um „vielfältige Konflikte“ zwischen Fußgängern, Radfahrern, Autofahrern, Gastwirten und Anwohnern zu entschärfen. Das zumindest sei gelungen. „Es ist ruhiger geworden“. Dass jetzt weniger Besucher in die Straße kommen, glaubt er nicht. Ob es Umsatzeinbußen bei den Händlern auch am Winterfeldtplatz gebe, könne noch gar nicht beurteilt werden. „Da müssen wir erst mal die Schönwetterphase abwarten.“
Kaum noch Platz auf den Bürgersteigen
Probleme mit Rasern, die ihr getuntes Blech vorführen, gibt es auch in der Bergmannstraße. Radfahrer und Fußgänger fühlen sich den Autofahrern oft schutzlos ausgesetzt. Auf den Bürgersteigen gibt es zwischen Cafétischen, Kinderwagen und Fahrrädern kaum noch Platz zum Flanieren. Die Initiative „Leiser Bergmannkiez“ kämpft dafür, den Durchgangsverkehr zu reduzieren, vor allem in Nord-Süd-Richtung über Zossener und Friesenstraße. Einer Begegnungszone stehen sie eher neutral gegenüber.
Als dritte – und vorerst letzte – Begegnungszone haben die Verkehrsplaner den Checkpoint Charlie auserkoren. Hier gibt es schon jetzt ein regelloses Begegnen von Reisegruppen, Flyerverteilern, Bus-, Auto- und Radfahrern. Größere Unfälle wurden bislang nicht gemeldet. Walter Ackers plädiert dafür, lieber die Finger vom Checkpoint zu lassen, schon allein aus Respekt vor seiner Geschichte.