Es steht da wie eine Eins und ragt, weithin sichtbar, aus dem Häusergewirr rund um die nördliche Friedrichstraße. Dunkel getönte Scheiben, von weißen Metallplatten umrahmt. 25 Etagen, 93,5 Meter hoch – das gläserne „Internationale Handelszentrum“ ist eines der Gebäude, das die Modernisierung der Friedrichstraße schon 1978 einleiten sollte. Und die man auch heute noch von Weitem sieht. Was verbirgt sich hinter den Türen in den langen Fluren des Gebäudes, das den 1989er Umschwung und die Wende in der DDR miterlebt hat? In diesen Tagen wird viel über Erlebnisse und Empfindungen von Menschen vor und nach dem Fall der Mauer geschrieben. Wie aber steht es mit Häusern, mit markanten Gebäuden? Auch sie hatten ihre Geschichte im Schicksalsjahr. Wie das IHZ am Bahnhof Friedrichstraße.
Im Jahr 1976 rollten die Bagger an, da war ein anderer Glaspalast gerade fertig geworden: der Palast der Republik. Die DDR benötigte für ihren Außenhandel, vor allem für Firmen aus dem „kapitalistischen Ausland“, eine Anlaufstelle, eine Art World Trade Center als Basis für Präsentationen und Handel mit dem Westen. Das IHZ war eine Dollar-Insel im roten Rubel-Meer, und das nahe der Friedrichstraße, dem „letzten Bahnhof im demokratischen Sektor“, wie es immer vor dem Mauerbau hieß. Es sollte ein Ausrufezeichen und Gegenstück zum Europa-Center werden, den Neustart der Friedrichstraße als Magistrale symbolisieren und die Wirtschaftswelt nach Berlin (Ost) holen.
Ein Konzern aus Japan baute das Haus
Dazu kamen die Japaner mit ins Spiel, im gemeinsamen Wirtschaftsrat Japan-DDR entstand die Idee zu einer Art Kontaktbörse. Die Kajima Corporation Tokio hatte Erfahrung im Hochhausbau, sie realisierte das Vorhaben unter der Leitung des viel gerühmten Ost-Berliner Baumanagers Erhardt Gißke, der unter anderem für die Stalinallee und das Sport- und Erholungszentrum an der Landsberger Allee mitverantwortlich war.
Botschaft von Kanada und DDR-Waffenhandelsfirma
Eines Tages zog, als Vorreiter gewissermaßen, die Kanadische Botschaft ins Handelshochhaus, Belgien und die Niederlande folgten, bis ihre Neubauten an anderen Standorten bezugsfertig waren. Ab 1982 hatte sich auch eine Firma des Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski einquartiert, der Waffenexporteur Ines Import-Export GmbH. Kurz nach der Wende dachte ein Journalist, ein paar Panzerfäuste oder vielleicht Kalaschnikows zu finden, fuhr in den zehnten Stock hinauf – und sah nur noch kahle Wände. Nachbarn erzählten, wie Tag und Nacht die Schredderapparate heiß gelaufen seien.
Plastikpflanze vom SED-Devisenbeschaffer Schalck-Golodkowski
Die Werbung mit dem Standort, mit Erfahrung und Qualität hatte Erfolg: Heute registriert Fred Sommermeier, der Bereichsleiter Bestandsmanagement bei der WBM, einen Leerstand von mal drei Prozent, „ein paar Büros sind noch frei“. Ansonsten hatte das Wohnungsunternehmen kräftig investiert und einen Bau-Zwilling mit weiteren Büros, Wohnungen, Praxen und Hotels rechts und links vor den IHZ-Eingang gestellt. Jetzt gibt es im Haus maximal 28 Büros pro Etage, mehr als 500 insgesamt. Die Quadratmeterpreise liegen, je nach Höhe, zwischen 12 und 20 Euro Kaltmiete. „Heute passen wir uns mehr den Bedürfnissen der Mieter an, und da ist vieles möglich“, sagt Fred Sommermeier: In der imposanten Vorhalle sind unzählige Firmen auf einem Tableau präsent – von der großen Kanzlei mit hundert Rechtsanwälten, von Arztpraxen bis zur Detektei oder einer Partnervermittlung.