So viel kann ich vorweg sagen: Mir hat’s gefallen. Schon auf dem Weg zur Station Berlin in Kreuzberg liefen Leute in Kochjacken mit Getränkepaletten und Kisten durch die Gegend. Schnell wurde klar: hier liegt Genuss in der Luft. Meine Erwartungen waren hoch. Drei kleinere Bühnen mit den Schwerpunkten Backen, Fleisch und Küchentricks, eine große Showbühne und „Corners“ für Craft Beer, Kaffee, Cocktails und Wein waren angekündigt. Dazu eine „Trendkitchen“, in der lokale Gourmetrestaurants ihre Menüs anbieten wollten, und nicht zu vergessen die vielen kleinen Aussteller. Das musste ja ein riesen Ding werden.
Doch schon beim ersten Rundgang über das Festivalgelände wurde mir klar, dass alles viel kleiner ausfällt, als gedacht. Die Stände standen dicht an dicht, man hat sich recht schnell durch die gesamte Ausstellungsfläche gearbeitet. Dazu sind die Gänge kurz nach dem Festivalstart am Freitag noch sehr leer. Dieser Umstand fiel aber eher positiv auf. Ein Überblick war schnell verschafft, nun konnte man sich inhaltlich mit dem Angebotenen auseinandersetzen. Hatte man sich mal verquatscht und wollte es trotzdem noch innerhalb der nächsten drei Minuten zu einem Workshop schaffen, war das kein Problem. Auch die Anmeldung für die Workshops fiel leicht. Schließlich wurden nur die Hälfte der Plätze online vergeben und vor Ort gab es noch Kapazitäten.
Die Macher der eat&STYLE hatten im Vorfeld viel Wert darauf gelegt, dass es bei ihrem Festival vor allen Dingen um die Interaktion zwischen Besuchern, Köchen und Ausstellern geht. Kennt man den Umgangston, der in vielen Küchen herrscht, in denen Stress- und Testosteronspiegel oft hoch sind, war bei diesem Plan durchaus Skepsis angebracht. Würden die Köche, die teils mehrere Shows an einem Tag gestalten und immer wieder mit wechselndem Publikum kochen müssen, wirklich Spaß daran haben, sich mit den Besuchern auszutauschen?
Doch tatsächlich war die Stimmung bei Ausstellern und Köchen gelöst und humorvoll. Keiner kochte sein eigenes Süppchen und zog sich nach getaner Arbeit sofort hinter die Bühne zurück. Im Gegenteil blieben die Profis noch eine Weile ansprechbar und antworteten freundlich und interessiert auf die Fragen der Teilnehmer.
Über vier Stunden Beschäftigung trotz kurzer Wege
Nachdem ich die vegetarische Reggaeküche von Steffen Prase auf der Hauptbühne kennengelernt hatte, ging es weiter zum „Flavour Pairing“ Workshop. Bis zu vier Personen teilten sich für eine halbe Stunde eine von sechs kleinen Küchenzeilen, auf der alle nötigen Utensilien und Zutaten bereitstanden. Die Köche leiteten nicht nur von vorne an, sondern gingen auch mal durch die Reihen und gaben individuelle Hinweise. Beim gemeinsamen Kochen konnte man glatt vergessen, dass man sich mitten in einer Messehalle befindet. Zum Mitnehmen gab’s eine Rezeptbroschüre, damit man das Gelernte in Ruhe zu Hause ausprobieren kann.
Eine meiner Kochpartnerinnen blieb danach direkt am Stand, auf sie warteten zwei weitere Workshops. Mitköchin Steffi empfahl mir noch ein paar gute Stände, danach ging es – gestärkt von unserem Lachstatar mit Kaffeeöl – weiter. Im Folgenden probierte ich unter anderem Cakepops, Liköre, Gewürze und Soßen aus Berlin, aber auch Fruchtessig, Chips und Käse aus anderen Regionen. Bevor man etwas kaufte, durfte man überall zulangen. Viele Manufakturen gibt es noch nich lange und sie freuen sich, wenn man nachfragt. Nach etwas über vier Stunden hatte ich mir deshalb die Stände zum Craft Beer und zum Kaffee noch nicht mal angesehen und auch in der Trendkitchen noch kein Menü gegessen.
Verlassen habe ich die Messe zusammen mit zwei älteren Damen, die sich darüber beklagten, dass ihre Erwartungen nicht erfüllt wurden. Regional sei das nicht gerade gewesen und von Style hätten sie auch nichts gesehen. Sie scheinen die ganzen kleinen Berliner Manufakturen nicht entdeckt zu haben. Vielleicht weil nicht ausgeschrieben war, woher ein Produzent kommt – man musste nachfragen. Tatsache ist aber, dass der Style nicht gerade im Vordergrund der Messe stand. Obwohl natürlich die Location mit ihrem modernen Industrie-Chic den Charakter der eat&STYLE prägte.
Dynamisch und interaktiv ging es auf jeden Fall zu, allein die Wortwahl („Food Festival“, „Trendkitchen“, „Corner“) ließ die Veranstaltung sehr jung wirken. Viele der anwesenden Köche sind tattoowiert, machen Musik oder sind selbst jung. Steffen Prase verteilte unter den rund 30 Zuschauern seiner Kochshow ein Rezept für Schokoladenjoints. Ansonsten: Kein Schnickschnack, weder bei der Deko noch an den Ständen. Aber Style-Faktor hin oder her – Foodies, die sich trauen, mitzumachen und sich auszutauschen, werden auch im nächsten Jahr einen schönen Tag auf dieser Veranstaltung haben.
„Was ich auf der Messe gelernt habe: Hülsenfrüchte gehören ohne Salz in den Topf, stattdessen viel nachsalzen. Wer Minze nicht schneiden möchte, kann sie auch in einen Gefrierbeutel packen und so lange draufschlagen, bis die Blätter die richtige Größe haben. Zum Thema Musik: Mancher Koch hat seine eigenen Dubplates. Also Platten, die speziell für eine bestimmte Küche aufgenommen oder zusammengestellt wurden. Kokosstücke und Wasser ergeben tolle Kokosmilch.“