„Powerfrau“, sagt Bettina Rust. „Das ist eines meiner absoluten Hasswörter.“ Aha. Und das, wo doch gerade sie überaus gut in das viel angestrengte Klischee passen würde: Karrierefrau, gutaussehend, fest im Leben stehend. Doch genau das – inhaltsleere Begriffe und pauschalisierte Zuschreibungen – mag sie nicht. Während des Gesprächs ist sie immer auf der Suche nach dem passendsten Wort, dem besten Vergleich, der griffigsten Metapher.
Bettina Rust war durch mit Hamburg
Wir sitzen im P103 Mischkonzern, einem hellen Restaurant mit hohen Decken, schicken Couches und Möbeln im antiken Shabby Chic. „Das ist so ein Laden“, sagt Bettina Rust, „in Mitte würde es einen nicht erstaunen, den zu finden, in Schöneberg schon.“ Einige Meter weiter steht ein Flügel, auf ihm liegen Bücher (ja, auch der obligatorische Kafka ist dabei), ein Typ – „und der sieht auch noch gut aus“ – setzt sich auf den Schemel und haut in die Tasten.
Die Moderatorin wohnt seit rund 17 Jahren in Berlin, nach Schöneberg hat es sie verschlagen, weil sie hier Freunde hatte, als sie in die Stadt kam. Und das war recht spontan: „Ich war hier, bin wieder nach Hause gefahren und hab gedacht: Da zieh‘ ich jetzt hin. Dann habe ich eine Freundin angerufen und gesagt: Du, ich ziehe nächste Woche nach Berlin.“ Sie erzählt, dass sie mit ihrer vorherigen Stadt Hamburg „irgendwie durch“ war, sie hatte keinen Bock auf eine Zukunft, in der sie irgendwann „Kinder mit Doppelnamen“ hat.
„Ich möchte die Freiheit haben, mich zu unpopulären Dingen zu bekennen.“
Was auffällt: Bettina Rust kann sich wahnsinnig gut und pointiert aufregen, man könnte auch sagen, sie ist ein „Aufreg-Profi“. Will heißen: Sie kann sich gut und mit Witz in Rage reden, hat dabei keine Scheu vor Kraftausdrücken („Diese Idioten, die mit 80 durch meine 30er-Zone fahren“) und fühlt sich danach, Katharsis sei Dank, ein bisschen besser. So zumindest der Eindruck. Als sie später noch sagt: „Ich möchte die Freiheit haben, mich zu unpopulären Dingen zu bekennen“, passt das gut ins Bild. Nebenbei erwähnt sie – todernst, ohne Koketterie und deshalb so einnehmend – ,dass sie nie ins Theater gehe. Sie könne dem einfach nichts abgewinnen. Angst vor einem möglichen Reputationsverlust hat sie nicht. Das macht sie freier als andere.
Schätzchen vom Flohmarkt
Und wenn sie selbst Protagonistin bei Stadt, Rad, Hund wäre, welchen Berliner Ort würde sie dem Publikum zeigen? „Wir würden zum Flohmarkt am Rathaus Schöneberg gehen. Aber nicht um 12 Uhr, da ist alles noch so teuer, sondern später. Dann kaufen wir Pullover für 2 und Lederjacken für 4 Euro.“ Bettina Rust, so wirkt es, ist nicht nur in ihren Gedanken, sondern auch in ihrem Handeln frei und unkonventionell.
Gerade ist die 4. Staffel von Stadt, Rad, Hund mit Bettina Rust gestartet. Vier neue Folgen laufen bis zum 4. August 2016 immer Donnerstag 22.15 Uhr im rbb. Die Gäste sind unter anderem Jasmin Tabatabai, Anne Will, Anna Loos und Mark Waschke. Alle Folgen kannst du hier ansehen.