Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) unterzeichnete am Freitagvormittag den Antrag „Regulierter Verkauf von Cannabis in Friedrichshain-Kreuzberg“, ehe das möglicherweise historische Schriftstück vor den Augen der Medienvertreter in den nächsten Briefkasten geworfen wurde. Die Aussichten auf eine Genehmigung liegen nach Herrmanns Ansicht bei „50:50“. Auch der Projektbeauftragte des Amts, Dr. Horst-Dietrich Elvers, wollte keine genauere Prognose wagen.
Warum der Vorstoß mehr Erfolg haben sollte als etwa die in den 1990ern gestartete Initiative der schleswig-holsteinischen Landesregierung, Cannabis in Apotheken zu verkaufen, begründen Herrmann und Elvers vor allem mit zwei Argumenten. Gerade in Berlin und gerade in Friedrichshain-Kreuzberg sei die bisherige restriktive Drogenpolitik sichtbar gescheitert. Gras und Haschisch gebe es für jeden ohne Probleme zu kaufen. „So wie sich die Entwicklung des illegalen Verkaufs in Berlin darstellt, ist es im Rahmen des Jugend- und Verbraucherschutzes nicht akzeptabel“, findet Herrmann. Bei einer kontrollierten Abgabe durch zertifizierte „Cannabis-Fachgeschäfte“ würde demgegenüber die Qualität des begehrten Produkts reguliert und der Einsatz von möglicherweise gefährlichen Streckmitteln verhindert.
Nur Anwohner bekommen ID zum Kiffen
Das große ‚Aber‘: Nur in Friedrichshain-Kreuzberg gemeldete volljährige Anwohner könnten sich in den Fachgeschäften mit Cannabis versorgen. Erstkäufer müssten sich dazu bei einer neutralen Institution, eventuell beim Notar, registrieren und bekämen eine Identifikationskarte. Mit dieser wären sie berechtigt, zehn Gramm Marihuana oder Haschisch pro Einkauf und maximal 60 Gramm pro Monat zu erwerben. Die relativ hohe monatliche Grenze begründete Elvers mit dem Wunsch, gerade auch Abhängige zu erreichen, die sich bisher auf dem Schwarzmarkt eindecken. Die Abgabepreise würden mit 10 bis 13 Euro je Gramm nur wenig über den dortigen Preisen liegen.
Kein Ende des Schwarzmarkts
Würde der Friedrichshain-Kreuzberger Antrag tatsächlich genehmigt, ist bei der Durchführung eine Zusammenarbeit mit einer wissenschaftlichen Einrichtung geplant. Gemeinsam solle das Projekt regelmäßig und schon frühzeitig evaluiert werden. Gäbe es negative Effekte, könnten sich die Antragssteller auch einen Stopp vorstellen: „Wir drücken es nicht auf Teufel komm raus durch“, so Elvers. Dem Projektbeauftragten ist ebenso klar, dass sich etwa die Situation im Görlitzer Park nicht von heute auf morgen verbessern würde. Schließlich ist Kiffen dort international und überregional – zu den Kunden der Dealer gehören Touristen ebenso wie Berliner aus anderen Bezirken. Der begrenzte regulierte Verkauf wird von den Initiatoren eher als erster Schritt gesehen, der die Diskussion voranbringen soll.
Sollte der nicht unwahrscheinliche Fall eintreten, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Antrag aus Friedrichshain-Kreuzberg ablehnt – für die Prüfung werden bis zu drei Monate veranschlagt – würde man im Bezirksamt über den Rechtsweg nachdenken – schließlich sähen manche Juristen gute Aussichten auf Erfolg.