Gut gelaunt verabschiedete sich Bezirksbürgermeister Geisel am Dienstagmittag im Rathaus Lichtenberg von den anwesenden Journalisten. Was nicht verwundert, rückte der gebürtige Ost-Berliner doch auch wegen seiner Bilanz im Bezirk in den Fokus des künftigen Regierenden Bürgermeisters Michael Müller. Bei seiner finalen Pressekonferenz konnte er nochmals gesunkene Arbeitslosenzahlen verkünden: Die Quote lag im November in Lichtenberg bei 9,5 Prozent. Auch der Bevölkerungsanstieg setze sich fort. Dementsprechend sei der Zeitpunkt für einen Wechsel in die Landespolitik schön: Im Aufschwung und mit geordneten Verhältnissen aufzuhören, falle vergleichsweise leicht. Natürlich habe die positive Entwicklung „ganz viele Mütter und Väter“, so Geisel.
Das Thema Bauwesen hat dem langjährigen Baustadtrat immer nahe gelegen. Einige besonders erfolgreiche Projekte, zu denen er einen Beitrag leisten konnte, führte Geisel in seiner Bilanz an. Die Rummelsburger Bucht sei heute „eines der attraktivsten Wohngebiete, die es gibt“. Auf Initiative des dortigen Runden Tisches werde am 12. Januar 2015 nun der Gedenkort eingeweiht, der aus dem Mauerfonds und dem Bezirkshaushalt finanziert wird. Er soll unter anderem an das „Städtische Arbeits- und Bewahrungshaus“ erinnern, das die Nationalsozialisten in Rummelsburg betrieben. Auch für die umstrittene Wasser-Filterungsanlage, die auf dem Gelände eines temporären Sportplatzes entstehen solle, habe man einen Kompromiss gefunden.
Kinder statt Hipster
Als weitere Erfolge nannte Geisel die Entwicklung in den Sanierungsgebieten Weitlingstraße und Kaskelkiez, in Hohenschönhausen oder Falkenberg. Das Zentrum Karlshorst sei praktisch neu entstanden. Erst kürzlich fand die Einweihung der Nils-Holgersson-Schule statt, die Geisel ebenfalls erwähnte – passend zu seiner Vision eines kinder- und familienfreundlichen Bezirks. Geht es nach dem scheidenden Bürgermeister, soll Lichtenberg ausdrücklich keine Hipster-Gegend werden. Wichtig ist es ihm, die richtigen Antworten auf die demografische Entwicklung mit mehr Kindern und aktiven Seniorinnen und Senioren im Bezirk zu finden. So gebe es noch zu wenig barrierefreien, altersgerechten Wohnraum.
Offen geblieben sind einige Vorhaben, die Geisel ebenfalls nannte. So konnte etwa das Nicaragua-Wandbild am Bahnhof Lichtenberg, das wegen fehlerhafter Wärmedämmung abgetragen wurde, noch nicht wieder angebracht werden. Zur Wiederbelebung des Hubertusbads an der Frankfurter Allee gibt es inzwischen zwar eine Reihe von Bewerbern, doch dauerte der Prozess deutlich länger als gedacht. Und mit der Umgestaltung des Prerower Platzes in Neu-Hohenschönhausen ist man trotz jahrelanger Planung noch nicht entscheidend vorangekommen.
Vorfahrt für bezahlbaren Wohnraum
Was ist von Andreas Geisel in seiner neuen Position zu erwarten? Neben seinem mehrmals erwähnten „Auge auf Lichtenberg“ versicherte der scheidende Bürgermeister natürlich, dass er alle Bezirke gleich behandeln werde. Im Zusammenhang mit der Schaffung bezahlbaren Wohnraums als einer Aufgabe von höchster Priorität bekannte sich Geisel zwar zur Bürgerbeteiligung bei Neubauprojekten. Gleichzeitig dürfe man nicht immer Partikularinteressen nachgeben. „Man kann nicht jeden Konflikt in der Stadt runter moderieren“, findet der künftige Senator und ergänzte: „Das St. Florians-Prinzip ist nicht die Lösung des Wohnungsproblems.“
Auf einem guten Weg sieht er die Stadt bei der personellen Ausstattung der Bezirksämter. Zu seinem künftigen Kollegen, dem neuen Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen, gebe es in dieser Frage keine Gegensätze. Die Überlastung des Personals in den Bürger- und Bezirksämtern sei zudem vom Senat als Problem erkannt.
Bei einem weiteren Problem auf Lichtenberger Gebiet, der Entsorgung des im Tierpark deponierten Bauschutts und möglicher giftiger Abfälle, sei man in den Gesprächen zwischen Senatsverwaltung und Direktor Andreas Knieriem einer Lösung nah. Nach seinem Antritt im Senat wird sich der Tierpark-Freund und Hängebauchschwein-Pate Andreas Geisel auch von Amts wegen mit der Thematik befassen.