Im Sommer 2012 eröffnete das Bezirksmuseum seinen zweiten Standort in Alt-Marzahn, nur wenige Meter von der ehemaligen Schule auf dem Dorfanger entfernt, die Haus 1 beherbergt. Haus 2 ist in der früheren Heinz-Lüdecke-Bibliothek, einem roten Klinkerbau, untergebracht. Es gibt wahrlich keinen besseren Ort als den Kern des alten märkischen Angerdorfs, um Uneingeweihte davon zu überzeugen, dass der Bezirk Marzahn-Hellersdorf und seine Geschichte vielfältiger sind als gedacht.
In Haus 1 wurden seit der Eröffnung des zweiten Gebäudes Sonderausstellungen mit Bezirksbezug gezeigt. Derzeit ist eine Schau über das „Mühlenleben in Marzahn-Hellersdorf“ zu sehen. In Haus 2 können sich seit 2012 Besucher in einer Dauerausstellung über die Geschichte des Bezirks und seiner Vorgänger-Dörfer informieren. Allerdings endete diese bisher 1970. Für die restlichen gut 40 Jahre war im Erdgeschoss von Alt-Marzahn 55 kein Platz. Doch in den letzten beiden Jahren wurde auch das Obergeschoss für den Museumsbetrieb hergerichtet, so dass jetzt auch die jüngste Vergangenheit den ihr zustehenden Raum erhält.
Leben in und zwischen Hochhäusern
Auf dem größeren Teil des ’neuen‘ Stockwerks sind nun Schautafeln, Modelle und Fotografien zu sehen, die sich hauptsächlich mit den Großsiedlungen beschäftigen, die ab 1975 zur Bekämpfung der Wohnungsnot entstanden. Aber auch die DDR-Opposition sowie die Wendezeit im Bezirk werden thematisiert. An den Wänden hängen große Panoramafotos, die Marzahn und Hellersdorf in den 1980ern zeigen – sie stammen aus einer Serie, die zuvor bereits in einer Sonderausstellung in Haus 1 des Museums zu sehen war. Ausgestellt sind aber auch Objekte und Dokumente, etwa Anmeldezettel zur Mithilfe bei der Verschönerung des Wohnumfelds.
Dass die nötig war, wird auf der übrigen Fläche des neu eröffneten Stockwerks deutlich. Hier hängen derzeit Fotos von Jürgen Nagel, die zwischen 1981 und 1990 in Marzahn entstanden sind. Sie zeigen die Anfangsjahre in den neuen Siedlungen, das Leben im Unfertigen, die Gigantomanie und die alltäglichen Widrigkeiten. Zu sehen sind etwa schlammige Baustellen, auf denen Kinder spielen, aufgeplatzter Asphalt, Hochhäuser auf der grünen Wiese, vor denen die Bewohner verloren wirken. Es geht Nagel, der Anfang der 1980er selber in Marzahn lebte, aber keinesfalls darum, alles in düsteren Farben zu zeichnen. Er dokumentiert einfühlsam und unbestechlich, wie Leben in die Neubaugebiete einkehrt, Bewohner auf ihren Balkonen sitzen, die ersten Trams fahren. Der Blick durch Nagels Linse ist eine äußerst gelungene Ergänzung zur informativen Dauerausstellung.
Ein Lob haben auch die neuen Räume des Museums an sich verdient. Im Dachgeschoss mit seinen Schrägfenstern hält man sich gerne auf. Für das Bezirksmuseum bedeutet die Vollendung der Dauerausstellung ohnehin einen wichtigen Schritt nach vorne; für alle Interessierten lohnt es sich nun noch mehr, Alt-Marzahn zu besuchen.
Das Bezirksmuseum Marzahn-Hellersdorf ist montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr sowie sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen bekommt ihr auf der Webseite des Museums.