Es gibt eine Sache, die, aus irgendeinem Grund, im Sommer in Berlin schwierig zu finden ist. Einen großen, schönen Biergarten mit tollem, bezahlbaren Essen. Okay, es gibt da natürlich den ein oder anderen. Aber inklusive nettem Personal und schneller Bedienung? Fehlanzeige. Kaum geht in der Gastronomie die Terrassentür auf, herrscht komplette Überforderung.
Bestes Beispiel dafür, wie es nicht sein sollte: Eine riesige, wunderschöne, mediterran anmutende Terrasse im grünsten Westen der Stadt. Direkt am Wasser. Meine Freunde und ich warten geschlagene 30 Minuten darauf, bewirtet zu werden. Eine unkozentrierte Dame nimmt die Bestellung der Getränke auf, die nach 25 Minuten kommen. Dann können wir das Essen bestellen. Das dauert knapp 45 Minuten. Die Frage nach dem zweiten Getränkewunsch dauert nochmal 25 Minuten. Wir sitzen lange, wir sitzen schön, aber wir fühlen uns nicht sonderlich wohl, zumal das Schnitzel mit Spargel uns pro Person 32 Euro kostet. Hier werden wir wohl so schnell leider nicht wieder einkehren.
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Der Zollpackhof als Ort des Widerstands gegen Wucherpreise
Es scheint so, als würde das in ganz Berlin so sein, denn das ist mittlerweile etwas, worüber ich mich kaum noch aufrege, ich nehme es hin, wie jeder andere auch. In ganz Berlin? Nein! Ein von einem unbeugsamen Team bevölkerter Biergarten hört nicht auf, dem typischen Berliner Service-Image Widerstand zu leisten. Ja, ganz so wie die Gallier aus Asterix und Obelix.
Um den Zollpackhof zu finden, muss man wissen, wo er ist. Obwohl er zentral gelegen am Hauptbahnhof liegt, befindet er sich seitlich ganz am Ende einer Sackgasse. Und er ist sehr sehr alt! 1685 legte Kurfürst Friedrich Wilhelm den Grundstein, er wurde als „Moabiter Werder“ schnell ein beliebtes Ausflugsziel für die feinen Herrschaften Berlins.
Ein Biergarten, wie er sein sollte
Heute finden meine Freunde und ich einen Platz auf der Terrasse, bester Blick aufs Bundeskanzleramt und die auf Schiffen vorbeifahrenden Touristen, die hin und wieder winken. Der schattige Biergarten unterhalb der Terrasse ist voll, vermutlich kommt viel Kundschaft vom Weg am Wasser vorbei um sich ein Bier zu gönnen zwischen den Wegen zum Potsdamer Platz, Brandenburger Tor und Reichstag.
Unser Bier kommt schnell, wir werden gleich gefragt, ob wir schon Speisen gewählt hätten. Haben wir. Als Langweiler, die wir sind, bestellen wir alle wieder dasselbe wie beim letzten Treffen: Schnitzel mit Spargel. Nach 20 Minuten kommt das Essen, zwischendurch haben wir Zeit, noch ein zweites Bier zu bestellen. Auch das kommt fix. Das Schnitzel ist übersichtlich, aber fantastisch. Dass ich Ketchup bestelle, wird freundlich zur Kenntnis genommen. Mir ist klar, dass ich damit einen Gourmet-Faux pas de luxe begehe. Aber ich finde es schön, wenn mir das nicht naserümpfend gezeigt wird. Die Preise sind okay. Etwa 25 Euro kostet das Essen pro Person.
Probier’s mal mit Gemütlichkeit
Das Publikum ist gemischt. Viele Touristen, Omis, Opis, junge Pärchen, viele Familien mit Kindern im Biergarten am großen Spialplatz. Der Zollpackhof ist in verschiedene Bereiche aufgeteilt. In das Restaurant, die Terrassen, den Augustiner Keller und den Biergarten, der bis Ende September geöffnet ist. Ab 20 Personen kann ein Tisch reserviert werden. Wunderschön: der riesige, über 150 Jahre alte Kastanienbaum mitten im Garten. Um 18 Uhr läutet täglich die Holzfassglocke zum Fassanschlag.
Der Keller eignet sich in Wintermonaten, er ist nur dann geöffnet, hervorragend für Firmenfeiern. Die dicken Grundsteinmauern aus dem 19. Jahrhundert behalten alle feucht – fröhlichen Geheimnisse für sich. What happens in Augustiner Keller, stays in Augustiner Keller. Eins kann ich aber nach jeder Erfahrung in der Gastronomie der Stadt zusammenfassen. Wenn man mit den richtigen Menschen zusammen ist, echten Freunden, dann wartet man eben auch ne Stunde aufs Bier. Meine Empfehlung für den Sommer. Geh mit den richtigen Leuten. Es wird sich immer lohnen.