Die Idee, blinde Frauen als Medizinische Tastuntersucherinnen (MTU) einzusetzen, hatte Dr. Frank Hoffmann, ein Frauenarzt aus Duisburg, bereits vor zehn Jahren. Zum einen, „weil sie über einen besonders ausgeprägten Tastsinn verfügen“ und zum anderen, weil „die Zeit, die wir Gynäkologen auf die Tastuntersuchung der Brust verwenden können, in der Regel relativ kurz ist“, erklärt er bei der Vorstellung des discovering hands®-Zentrums in Berlin.
Darauf basierend entwickelte er eine Methode, die deutschlandweit bereits in über 20 Praxen und Kliniken angewandt wird. Der große Erfolg (eine MTU kann einen Tumor bereits ab einer Größe von sechs Millimetern ertasten, ein Arzt im Rahmen der normalen Vorsorge ab etwa ein bis zwei Zentimetern) und positive Resonanz seitens der untersuchten Frauen machen die Eröffnung der neuen Praxisräume in der Kommandantenstraße 80, in der eine Gynäkologin und sechs MTUs arbeiten, so bedeutsam: „Unserem ersten Hauptziel, die Brustkrebsfrüherkennung für möglichst viele Frauen zu optimieren, kommen wir so ein ganzes Stück näher“, so Erfinder Hoffmann.
Man nimmt sich Zeit und ist sanft
Eine Behandlung dauert in der Regel zwischen 30 und 60 Minuten. Nach einem intensiven Gespräch mit der Ärztin wird die Brust zuerst im Sitzen und anschließend im Liegen abgetastet – Zentimeter für Zentimeter. Damit sich die MTU orientieren kann, wird die Brust mit haptischen Dokustreifen beklebt. Ansonsten kommt die Untersuchung gänzlich ohne Geräte aus. So „schont sie gleichermaßen Physis und Psyche und ist von besonderer Geduld, Sensitivität und Vertrauen geprägt“, sagt Helge Neuwerk, Stellvertreter des Vorstands der BKK VBU.
Die Krankenkasse hat die Realisierung des discovering hands®-Zentrums in Berlin erst möglich gemacht und eine exklusive Vereinbarung geschlossen: BKK VBU-versicherte Frauen ab 30 können discovering hands® zusätzlich zu der regulär angebotenen Krebsvorsorge einmal im Jahr in Anspruch nehmen. Die Kasse trägt die Untersuchungskosten vollständig. Anders Versicherte zahlen 46,50 Euro.
Gelebte Inklusion
Die Eröffnung des neuen Zentrums ist nicht nur unter medizinischen Gesichtspunkten eine Innovation. Es ebnet blinden und sehbehinderten Frauen den Weg auf den Arbeitsmarkt und bietet ihnen ein nachhaltiges Tätigkeitsfeld. Auch Stefanie Gedenk, eine der sechs Berliner MTUs, hat dank discovering hands® aus der Arbeitslosigkeit gefunden. „Das Wichtigste für mich ist jedoch, dass ich aufgrund meines sehr guten Tastsinnes Frauen, die sich im Rahmen der Früherkennung untersuchen lassen, einen langen Leidensweg ersparen kann“, sagt die 35-Jährige stolz.