Buchvorstellung

Berlin Wonderland - Die goldenen Neunziger

Eine Aufnahme von Ben de Biel aus dem Bildband "Berlin Wonderland". Sie zeigt eine Hausbesetzung im Jahr 1990 in der Kinzigstraße.
Eine Aufnahme von Ben de Biel aus dem Bildband "Berlin Wonderland". Sie zeigt eine Hausbesetzung im Jahr 1990 in der Kinzigstraße.
Unsere Stadt wurde stets von politischen und gesellschaftlichen Veränderungen geprägt. Der Mauerfall ist jedoch ein ganz besonderes Ereignis in ihrer Geschichte und hinterließ eine Zeit, in der die Menschen die neu gewonnene Freiheit auf unterschiedlichste Arten zu nutzen wussten. Nun ist ein Bildband erschienen, der faszinierende Aufnahmen des Berlins der frühen 90er Jahre zeigt.

„Berlin wird langsam normal“ stand kürzlich in einer großen deutschen Wochenzeitung. Rund 25 Jahre nach dem Mauerfall ist die deutsche Hauptstadt zwar immer noch ein Hot-Spot für junge Kreative und Freiheitsliebende aus aller Welt, die großen Zeiten der 90er Jahre, in denen mancherorts gar eine Art Anarchie herrschte, sind jedoch längst vorüber. Die meisten Ostberliner Altbauten – zur Wendezeit bröckelnde Häuschen und Zentren rauschender Hausbesetzer-Partys – wurden mittlerweile saniert und sind heute Bestandteile gediegener Straßenzüge, geprägt von Kapital und Dekadenz. Im Bildband „Berlin Wonderland – The Wild Years Revisited 1990-1996 „, der im Gestalten Verlag erschienen ist, leben die Erinnerungen an die Zeit nach 1990 in Ost-Berlin jedoch weiter.

Plötzlich frei sein. Das galt nach dem Mauerfall nicht nur für die Menschen aus der DDR und den anderen Warschauer-Pakt-Staaten, sondern ebenfalls für Bohemiens und Künstlernaturen aus aller Welt. Für sie war die schlagartig verfügbar gewordene Mitte Berlins, bestehend aus Ruinen und heruntergekommenen Gebäuden, eine Art Abenteuerspielplatz, eine “Wunscherfüllungszone“, wie es die Autoren des Bildbands nennen, in der man im Grunde alles tun konnte, was man wollte: Tanzen, Trinken, Häuser besetzen. Zwischen 1990 und 1996, noch nicht geformt zu einer homogenen Stadt, sondern zwischen alter und neuer Zeitrechnung schwebend, war Berlin eine gigantische, mit Geschichte aufgeladene Brachfläche, die Künstler und Kreative aus allen Teilen der Erde magisch anzog.

Sowjetisches Kriegsgerät und illegale Partys

Brad Hwang war einer von ihnen, ein Abenteurer, für den das Berlin der Wendezeit der richtige Ort zur richtigen Zeit war: „Ich dachte sofort, da musst du hin (…) und bin mit einem One-Way-Ticket nach Europa geflogen – ohne Geld, ohne Sprache, ohne Bekannte. Aber mit Saxofon, zwei willigen Händen und Hunger nach mehr Leben, mehr Fragen, mehr Möglichkeiten.“ Hwang erzählt – wie viele andere Menschen in „Berlin Wonderland – The Wild Years Revisited“ – seine ganz persönliche Geschichte vom Leben in dieser Stadt, die damals eine ganz besondere war. Die dazugehörigen Bilder stammen von sieben verschiedenen Fotografen. Beeindruckende, heutzutage nahezu unwirklich wirkende Aufnahmen, die sowohl einen Eindruck von persönlicher wie künstlerischer Freiheit als auch vom Charme des Nachkriegs-Berlins vermitteln, des Berlins nach dem Ende des Kalten Krieges: Sowjetisches Kriegsgerät, umfunktioniert zu Kunstwerken, ein Jongleur auf der Berliner Mauer oder eine illegale Nachtparty im Freibad Monbijoupark.
 

„Berlin Wonderland – The Wild Years Revisited 1990-1996“, 29,90 Euro, kaufen kannst du das Buch hier

Die Gestalten Verlag, Mariannenstraße 9, 10999 Berlin

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