Buchvorstellung

Erlebnisbericht aus den eigenen Zwanzigern

Jule Müller schreibt ihre Erlebnisse schon seit vielen Jahren in Blogs und Tagebüchern auf. Jetzt ist ihr erstes Buch erschienen.
Jule Müller schreibt ihre Erlebnisse schon seit vielen Jahren in Blogs und Tagebüchern auf. Jetzt ist ihr erstes Buch erschienen.
Die Neuköllnerin Jule Müller hat ihr drittes Lebensjahrzehnt hinter sich gebracht und darüber ein Buch geschrieben. Dass ihre autobiographischen Schilderungen durchaus komisch sind und ein größeres Publikum finden könnten, bewies die Autorin bei ihrer ersten Lesung in einem Hotel am Breitscheidplatz.

Das 25hours ist ein gelungener Ort für Jule Müllers Buchpremiere. Am vergangenen Donnerstagabend hat das junge Hotel, das mit seiner Monkey Bar und dem Neni Restaurant erfolgreich gestartet ist, eine neue Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen. Bei „Live im 25“ sollen in Kooperation mit dem digitalen Stadtmagazin „Mit Vergnügen“ einmal im Monat Künstler verschiedener Richtungen aufeinandertreffen – am 29. Januar die elektronisch-akustische Band Children und eben Müller. Zunächst hat die 32-jährige Autorin die Bühne für sich. Das Publikum ist vorwiegend jung, genießt den Blick aus den großen Fenstern im dritten Stock und lässt sich von den Schwänken aus Müllers Zwanzigern gerne amüsieren.

In „Früher war ich unentschlossen, jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher“ erzählt die seit viereinhalb Jahren in Neukölln wohnhafte Buch-Debütantin von einem bewegten Jahrzehnt in ihrem Leben, vom Ausprobieren, Scheitern und der Suche nach dem eigenen Weg, ob in Beruf, Freizeit oder Beziehungen. Zwei Tatsachen führen dazu, dass Jule Müllers in überschaubare Kapitel gepackte Erzählungen auch anderen Menschen Lesegenuss bereiten dürften: Die Zwanziger der Autorin waren durchaus ereignisreich – vom drogenabhängigen Freund über chaotische Bus-Touren als Reiseleiterin bis zum London-Aufenthalt hat sie einiges zu berichten. Dank ihres Sinns für Humor gelingt ihr das außerdem sehr unterhaltsam.

Schreiben aus Leidenschaft

Natürlich hat Müller Namen, hier und da auch zeitliche Abläufe geändert, das eine oder andere Detail zugespitzt. Auch ihr eigener Nachname lautet in Wirklichkeit anders, das Allerwelts-„Müller“ stammt von ihrer Anmeldung bei Facebook. Doch im Wesentlichen sind die Erinnerungen authentisch, Berliner Leser werden zudem manchen Ort erkennen – auch das macht den Reiz des Buches aus. Jule Müller konnte sich bei dessen Entstehung auf zahlreiche Tagebücher und E-Mails stützen: „Ich habe schon immer alles manisch festgehalten“, erzählt sie. Schreiben liegt ihr ohnehin; schon vor längerer Zeit ist sie unter die Blogger gegangen, hat über diesen Kanal bereits öffentlich aus ihrem Leben berichtet. „Ich kann nur über mich selbst schreiben“, gibt Müller ganz offen zu. Mit ihren Zwanzigern ist sie übrigens im Reinen. Manches habe sie „auf die harte Tour“ lernen müssen – und überhaupt: „Damals musste man Dinge neu ausprobieren.“

Während die Autorin etwa ihre erste Trennung noch als „welterschütternd“ empfand, sei sie später gelassener geworden. Auch von ihren Beziehungen erzählt sie in „Früher war ich unentschlossen …“ offen und humorvoll – wie auch von ihrer ersten Anmeldung bei einem Dating-Portal. Inzwischen betreibt Müller selber eines: „Im Gegenteil“ ist ihr Vollzeitjob. Singles werden dort fantasievoll und mit schönen Fotos präsentiert. Auch die Macherin ist darunter. Die Seite ist im Magazin-Stil gehalten und widmet sich auch anderen Themen, etwa Lesetipps und Kiezgeschichten. Bald wollen Jule und ihre Kollegin Anni in die Schweiz, nach England und Südafrika expandieren.

Müllers Lebensmittelpunkt ist derzeit der Neuköllner Schillerkiez. Als sie vor viereinhalb Jahren dort hinzog, gab es noch große, preiswerte Wohnungen und nur wenige Hipster. Müller ist sich darüber im Klaren, dass sie selber auch Teil des Wandels war, der ihr nun langsam ein wenig zu viel wird. Sie kann sich vorstellen, irgendwann einmal außerhalb des S-Bahn-Rings zu wohnen. Doch noch gibt es genügend Orte in der Gegend, an denen sie sich wohlfühlt. Etwa das Café Vux, in dem man veganen Kuchen essen kann. Oder eines der ersten neuen Cafés im Kiez, das Frollein Langner. Besonders froh ist Müller über das ehemalige Flughafengelände Tempelhofer Feld. Beim dortigen Garten-Projekt Allmende-Kontor hat sie ein Gemüsebeet. „Da treffen ganz viele Schichten, Kulturen und Altersklassen aufeinander und es findet ein schöner Austausch statt“, erzählt sie begeistert.

„Früher war ich unentschlossen, jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Wie ich meine Zwanziger überlebte“ ist heute im Knaur Verlag erschienen und kostet 12,99 Euro.

25hours Hotel Bikini Berlin, Budapester Straße 40, 10787 Berlin

Das ist noch ein Rendering, denn die lauschige Leseecke mit Kamin war bei unserem Besuch noch nicht ganz fertig gestellt.

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