Der Harald-Juhnke-Weg hat die meisten Stimmen: 241 Tempelhof-Fans sind dafür, 65 dagegen. Auf Platz 2 liegt der Ausbau des Baseball- und Softballsports, eine Kitesurfschule wünschen sich viele, vielleicht ein Open-Air-Kino und eine Parkeisenbahn für Leute, die schlecht zu Fuß sind. Die rund 800 Ideen fürs Tempelhofer Feld sind so vielfältig wie bescheiden, findet der Moderator des Beteiligungsverfahrens zur Aufstellung eines Pflege- und Entwicklungsplans, BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser.
Seit einem Jahr ist Heuser im Nebenjob Beteiligungsmanager
Seit einem Jahr macht er diesen Job. Seine Bilanz: überraschend viel Konsens und eine Neigung zum kostensparenden Pragmatismus. Ganz anders als beim parallel laufenden, sehr kontroversen Bürgerdialog zur Historischen Mitte. Die Ausstrahlung des Feldes, das Freiheitsgefühl mit Weitblick erzeugt offenbar Demut und die Bereitschaft, eigene Interessen unterzuordnen. „Inszenierungen“ mit künstlichen Seen oder Bergen, wie Landschaftsplaner ursprünglich vorgeschlagen hatten, seien kein Thema mehr, sagt Heuser. Schon gar nicht, Randflächen zu bebauen.
Also alles Friede, Freude, blauer Himmel?
Sportflächen ja, aber keine „Käfige“
Es gibt auch Unmut. Die Vereinssportler erwarten konkrete Zusagen für dringend benötigte Sportflächen, die Freizeitsportler halten dagegen: Eine Parzellierung widerspreche dem Geist des Feldes. Das findet auch Heuser. Weitere Sportplätze im Bereich der alten Gärtnerei im Südosten und am Columbiadamm seien denkbar, aber „keine Käfige“, also ohne Zäune und für jeden zugänglich. So steht es auch im Gesetz, das im Volksentscheid im Mai 2014 beschlossen wurde.
Michael Schneidewind von der Initiative 100 Prozent Tempelhof hat sich aus dem Verfahren zurückgezogen. Der „Veranstaltungsreigen“ sei ihm zu zeitaufwendig, im Wissen, dass am Ende doch Politiker entscheiden. Er empfindet die Diskussionen eher als Spielwiese. In der Initiative gebe es aber auch viele Befürworter des Beteiligungsprozesses.
Tim Retzlaff, Kitesurfer und Feldenthusiast, findet es problematisch, wenn sich Senatsbeamte an den Diskussionen beteiligen. Er fürchtet, dass am Ende doch wieder alte Planungen zum Zuge kommen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat die Idee einer Randbebauung mit Wohnungen und Gewerbe zwar zu den Akten gelegt, aber nicht gänzlich aufgegeben. Unter dem Druck der wachsenden Stadt könnte das wieder Thema werden, vielleicht in der nächsten Legislaturperiode, sagte er in einem Interview.
Kitesurfer hoffen, dass keine Bäume gepflanzt werden
Für die Surferszene ist das Feld einzigartig, viele reisen deswegen nach Berlin. Das Feld sei „weltweit zu dem besten Land- und Snowkitespot in einer Metropole gekürt worden“, heißt es in einem Kommentar. „Wir hoffen, dass die Wiesen frei bleiben und keine Bäume gepflanzt werden“, sagt Tim Retzlaff.
Rennradfahrer trainieren immer morgens
Generell gilt: Gegenseitige Rücksichtnahme statt restriktive Reglements. Und: Die Stärkeren weichen den Schwächeren aus. Die Kitesurfer wüssten schon, dass sie am Wochenende bei gutem Wetter keine Chance haben, sagt Heuser. Dann sitzen viele auf den Wiesen, um zu picknicken. „Die Radrennfahrer kommen immer morgens, um zu trainieren.“
Das Feld möge im Wesentlichen bleiben wie es ist, wünschen sich die Besucher, wünscht sich auch Heuser. Mit einem Zaun und einem Sicherheitsdienst als Schutz vor Vandalismus, Schließzeiten über die Nacht, einem ausgefeilten Naturschutzmanagement und möglichst wenig Kommerz. Heuser zählt auf: „Kein wilder Alkoholausschank, keine Partymeile.“ 3,4 Millionen Euro lässt sich Berlin das Tempelhofer Feld jedes Jahr kosten.
Im Oktober beginnen die Felddialoge
Die Bürgerbeteiligung läuft als Onlinedebatte und in Werkstätten, die regelmäßig im Flughafengebäude stattfinden. Ab 1. August werden die Ergebnisse der Werkstätten in der „Beteiligungsbox“ am Columbiadamm ausgestellt. Im Oktober starten dann die „Felddialoge“, Vor-Ort-Diskussionen zu verschiedenen Themenbereichen.