Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez

Franz Schulz verrät seine Lieblingsorte

Am 19. Juli ist er nach seinem letzten Arbeitstag als Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg in Rente gegangen. Kurz zuvor hat der Politiker mit QIEZ über anstehende Aufgaben im Bezirk, die schönen Altbaugegenden Friedrichshains und den multikulturellen Charakter Kreuzbergs gesprochen.

Rund sieben Jahre hat Franz Schulz Friedrichshain-Kreuzberg regiert – leise im Ton, aber bestimmt in der Sache. Ursprünglich wollte er über die 65 Jahre hinaus weitermachen, doch im Frühjahr entschied er auf Anraten seiner Ärzte, in Ruhestand zu gehen. Sein klares Festhalten an grünen Idealen hat ihm Freunde und Gegner beschert, doch Schulz arbeitete auch in seinen letzten Amtstagen an pragmatischen Lösungen.

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wolle gegen eine zu hohe Kneipendichte im Graefekiez vorgehen, war zu lesen. Schulz erläutert die Planungen: Wenn man Anzeichen bemerke, dass Gewerbebetriebe, die zur Wohnortsversorgung nötig seien, durch Bars und Cafés verdrängt würden, könne man dies mit Hilfe der Baunutzungsverordnung verhindern. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg habe die Regelung bei der Maaßenstraße angewandt. „Das wollen wir auch nutzen“, sagt Schulz. Kiezgeschäfte statt Gastronomie? Es stelle sich die Frage: „Wo ist die kritische Häufung?“ – so der Ex-Bürgermeister. Er verweist darauf, dass rund um Kneipen und Bars der Lärmkonflikt bedeutender sei, so dass man mit Hilfe des Immissionsschutzrechts gegensteuern könne.

Prinzessinnengarten soll für mindestens fünf Jahre bleiben

Optimistisch ist Schulz, was die Zukunft des Urban Gardening-Projekts Prinzessinnengärten angeht. Das Grundstück am Moritzplatz geht vom Liegenschaftsfonds der Stadt wieder in die Obhut des Bezirks über und der Bürgermeister a.D. versichert: „Wir werden einen Nutzungsvertrag mit Nomadisch Grün [den Betreibern des Prinzessinnengartens, Anm. d. Red.] machen.“ Fünf Jahre soll der gelten, inklusive einer Nachoption. Langfristig soll ein Bürgerbeteiligungsverfahren klären, was mit dem Areal geschehen soll. „Es wird nicht vorgegeben, dass wir das Grundstück bebauen müssen“, so Schulz.

Im Kampf gegen eine Überhandnahme von Ferienwohnungen im Bezirk beobachtet das Bezirksamt den Markt im Internet. Dort wo es eine rechtliche Handhabe gebe, werde man den Betreibern von Ferienwohnungen eine Frist setzen, erklärt Schulz und formuliert das Ziel: „Wir wollen mit dem wenigen Personal möglichst viele Ferienwohnungen wieder dem Mietwohnungsmarkt zuführen.“

Schöne Altbauten und ein romantischer Ort

Franz Schulz wohnt selbst seit 25 Jahren im Kreuzberger Wrangelkiez. Sein Herz schlägt aber auch für Friedrichshain. Die familienfreundlichen Gegenden wie das Samariterviertel mit seinen kleinen Läden haben es ihm angetan: „Ich finde die Altbaugebiete sehr schön. Es sind wunderschöne Wohngegenden, die mit ihren Nachbarschaftsbeziehungen wie ein kleines Dorf sind.“ Doch auch den Hochhäusern im Barnimkiez und an der Straße der Pariser Kommune kann Schulz etwas abgewinnen – seit er den gigantischen Blick genossen hat.

Einer der absoluten Lieblingsplätze des Ruheständlers ist das die Ortsteile verbindende Element. Die Oberbaumbrücke sei „einer der romantischsten Orte Berlins und gleichzeitig ein Ort, der etwas von Großstadt hat.“ Der schönste grüne Fleck im Bezirk liegt für Schulz im Westen: „Der Ostpark ist zurzeit mein Lieblingspark.“ Außerdem mag er die Vielfältigkeit Kreuzbergs, wie sie etwa in der Oranienstraße herrscht: „Der multikulturelle Charakter ist etwas, das mich hergebracht hat.“ Passend dazu antwortet Schulz auf die Frage nach seinen gastronomischen Vorlieben: „Man kann in sich gehen: Welche Kultur-Küche möchte ich haben? Ich gehe sehr gerne Türkisch essen.“ Doch auch das an der Spree gelegene RioGrande empfiehlt Schulz – „wenn man essen gehen und eine tolle Atmosphäre haben will.“

Lest auf Seite 2, welche Herausforderungen sich der Bezirk nach Schulz‘ Meinung stellen muss.

 

Gutes Theater und engagierte Macher

Kulturelle Höhepunkte sind für den Bürgermeister a.D. das Ballhaus Naunynstraße und die Theaterkapelle in der Boxhagener Straße. Letztere hat mit finanziellen Problemen zu kämpfen, doch Schulz findet: „Die machen richtig gutes Theater.“ Die Eisenbahn-Markthalle-– inzwischen auch als Markthalle Neun geläufig – lobt er wegen ihrer unterschiedlichen Angebote und der „unglaublich engagierten Leute“, die dahinterstecken.

Und was sind die Herausforderungen, denen sich der Bezirk und dessen neue Bürgermeisterin Monika Herrmann in Zukunft stellen müssen? Schulz nennt die Infrastrukturveränderungen, die mit einer hoffentlich weiter wachsenden Zahl von Kindern auf Friedrichshain-Kreuzberg zukommen. Die Zahl der Kita- und Grundschulplätze müsse weiter ausgebaut werden. Doch auch der demographische Wandel dürfte die Bezirkspolitiker in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen. Für ältere Leute müssten daher mehr barrierefreie Wohnungen und Aufzüge her, fordert Schulz. Und trotz der Notwendigkeit, neuen Wohnraum zu schaffen, werde die Diskussion um das richtige Verhältnis zwischen Häusern und Grünflächen weitergehen.

Viele Beobachter vermuten, dass sich Franz Schulz auch in Zukunft hier und da einmischen und engagieren wird. Von seiner langjährigen Erfahrung mit den lokalen Befindlichkeiten könnte die Bezirkspolitik durchaus profitieren.

Bürgeramt 1, Friedrichshain-Kreuzberg, Yorckstraße 4-11, 10965 Berlin

Telefon 030 90298-0 oder 115

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