Befragung der Direktkandidaten (3)

Was tun gegen steigende Mieten im Wahlkreis Pankow?

Immanuelkirchstraße in Prenzlauer Berg: Die Gentrifizierung schreitet voran.
Immanuelkirchstraße in Prenzlauer Berg: Die Gentrifizierung schreitet voran.
Jedem Kiez drückt der Schuh anderswo. Jeder Politiker hat andere Ideen für seinen Wahlkreis. QIEZ hat den Direktkandidaten auf den Zahn gefühlt und nach ihren Vorstellungen für die kiezige Zukunft gefragt. Der Stadtteil Prenzlauer Berg im Wahlkreis Pankow ist in den letzten Jahren zum Symbol für steigende Mietpreise in der Hauptstadt geworden. Auch in Pankow und Weißensee ziehen die Preise an. Wir fragten alle Kandidaten: Ist es Ihrer Meinung nach überhaupt möglich, den steigenden Mieten in Ihrem Wahlkreis Einhalt zu gebieten? Wenn ja, wie?

DIE LINKE: Stefan Liebich

Es ist meiner Meinung nach möglich, die Mietpreisentwicklung einzudämmen. Bei den bestehenden Wohnungen muss die Miete gedeckelt werden. Dazu muss sich der Mietspiegel an allen Bestandsmieten orientieren, nicht nur an den Abschlüssen der letzten Jahre. Berlin erhält das Recht, auf der Grundlage dieser Mietspiegel Höchstmieten festzulegen, um den Preisanstieg zu stoppen. Die Nettokaltmiete in bestehenden Mietverhältnissen darf ohne maßgebliche Wohnwertverbesserung grundsätzlich nur im Rahmen des Inflationsausgleiches maximal bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht werden. Mieterhöhungen allein wegen Neuvermietung sind unzulässig. Menschen und Familien mit mittlerem und geringem Einkommen sollen nicht mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für angemessenen Wohnraum,  also für Miete, Betriebskosten, Wasser, Heizung und Strom, ausgeben müssen. Im Falle einer energetischen Gebäudesanierung muss diese öffentlich gefördert werden, damit die Kosten nicht einseitig den Mieterinnen und Mietern aufgebürdet wird.

Der Bau neuer Wohnungen wird allerdings nicht automatisch zu bezahlbarem Wohnraum führen. Pankow liegt schon heute beim Wohnungsneubau an der Spitze der Berliner Bezirke und verfügt in den Außenbereichen über große Wohnungsbaupotenzialflächen. Aber die neuen Wohnungen sind derzeit für Haushalte mit niedrigem oder mittlerem Einkommen nicht bezahlbar, denn der private Wohnungsneubau ist vor allem auf die zahlungskräftige Nachfrage ausgerichtet. Nur die öffentliche Hand kann in Berlin mit ihren Wohnungsbaugesellschaften und durch die Förderung von Genossenschaften und alternativen Wohnprojekten in den kommenden Jahren den erforderlichen sozialen Wohnungsneubau leisten.

GRÜNE: Andreas Otto

Meiner Meinung nach kann man den stark steigenden Mieten Einhalt gebieten, dafür kämpfe ich. „Wohnen für alle“ ist zu dieser Wahl mein Slogan, aber schon seit 25 Jahren mein Motto. Erst in der Kommunalpolitik und jetzt im Land. Seit 2006 habe ich im Berliner Abgeordnetenhaus viele Vorschläge für ein gerechteres Mietensystem gemacht. Der Senat aus SPD und Linken hat bis 2011 geleugnet, dass es überhaupt ein Wohnungsproblem in Berlin gibt. Die wenigen halbherzigen Maßnahmen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Was muss konkret getan werden:
Z.B. könnte der Senat die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen genehmigungspflichtig machen und im Einzelfall auch versagen. Wer nach Wohneigentum strebt, sollte sein Erspartes nicht in überteuerte Altbauwohnungen investieren, sondern in Neubau, z.B. in Baugruppen. Das ist nachhaltig und verdrängt niemand. Dafür muss der Senat mehr Grundstücke anbieten. Für den Bau von neuen Wohnungen für Haushalte mit wenig Einkommen haben wir im Berliner Abgeordnetenhaus ein Förderprogramm vorgelegt. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften dürfen bei der Mietenspirale nicht Motor sein, sondern müssen zur Dämpfung des Mietenanstiegs beitragen.

Im Bundestag will ich die Mietgesetzgebung ändern. Der Abschluss von Verträgen muss sich am Mietspiegel orientieren, eine Modernisierungsumlage darf es nur noch für energetische Themen und Barrierefreiheit geben. Wer zusätzliche Balkone oder eine Einbauküche haben will, kann das gerne mit seinem Vermieter frei aushandeln.

SPD: Klaus Mindrup

Wichtigste Ursache für die Mietpreissteigerungen ist die steigende Nachfrage nach Wohnraum durch den Zuzug nach Pankow. Daher muss neuer Wohnraum geschaffen werden. Dabei ist darauf zu achten, dass er auch bezahlbar bleibt. Bei größeren Bauprojekten sind nach dem Hamburger Modell mindestens ein Drittel Sozialwohnungen mit Mieten für Haushalte mit geringem Einkommen, ein Drittel Mietwohnungen und maximal ein Drittel Eigentumswohnungen vorzusehen. Dies kann und will der Bezirk Pankow mit Stimmen der SPD zukünftig durchsetzen.

Der Bund muss sich auch wieder am sozialen Wohnungsneubau beteiligen und die Länder und Kommunen zukünftig nicht mit dieser Aufgabe allein lassen.

Weiterhin ist die Mietpreisspirale nach oben bei Neuvermietungen von bestehenden Wohnungen zu bremsen. Auch bei Neuvermietungen soll anders als bisher der Mietspiegel gelten und nur um 10% überschritten werden dürfen. Weiterhin soll die Miete in vier Jahren nur um 15% erhöht werden dürfen. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen sich auf ihre Aufgabe konzentrieren, bezahlbaren Wohnraum für kleinere und mittlere Einkommen zur Verfügung zu stellen.

Das System der Umlagen bei Modernisierungen gehört auf den Prüfstand. Es sollten nur solche Modernisierungsmaßnahmen auf die Miete umgelegt werden dürfen, von denen die Mieter auch etwas haben, entweder durch von Ihnen gewünschte Verbesserung des Wohnwertes oder Energiesparmaßnahmen, die sich auch für die Mieter wirtschaftlich rechnen. Es muss auch die Überprüfung der Baukosten durch die Mieter möglich sein, denn über die Modernisierungsumlage bezahlen letztlich die Mieter diese  Maßnahmen.

Weiterhin muss endlich die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen wieder genehmigungspflichtig gemacht werden. Skrupellose Geschäftemacher wollen gerade in Prenzlauer Berg zahlreiche Häuser entmieten, um im Anschluss die leeren Wohnungen teuer als Eigentumswohnungen zu verkaufen. Dies ist ungeregelter Kasino-Kapitalismus, der verboten werden muss!

Schließich sollten gemeinwohlorientierte Genossenschaften stärker gefördert werden, vor allem der Erwerb von Genossenschaftsanteilen durch Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen. Genossenschaften sind zu fördern, weil sie sozial und ökologisch nachhaltig wirtschaften und zugleich ihre Mitglieder wirtschaftlich mit klaren demokratischen Regeln am Unternehmen beteiligen.

CDU: Lars Zimmermann

Das Thema bezahlbaren Wohnraums in Pankow hat für viele Bevölkerungsgruppen wie insbesondere Familien, Studenten und ältere Menschen eine enorme Bedeutung. Wohnungs- und Mietenpolitik ist gerade in der Mieterstadt Berlin auch Sozial- und Stadtentwicklungspolitik, denn durch die Gestaltung des Wohnumfelds und die Sicherung sozialverträglicher Mieten wird individuelle Lebensqualität geschaffen. Aufgabe von politisch Verantwortlichen ist es daher, die soziale Balance in den Stadtquartieren zu bewahren und wieder zu fördern. Dies kann natürlich über eine gezielte Wohnungspolitik geschehen.

Von den Verantwortlichen in Pankow wurde zu spät auf die Entwicklungen im Wohnungs- und Mietenmarkt reagiert (z.B. steigende Geburtenzahlen in Pankow, hoher Zuzug, Anstieg von Single- und Seniorenhaushalten). Angesichts dieser Entwicklungen ist es vorrangig, zunächst die hinreichende Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum vor allem für Familien und Ältere sicherzustellen. Zudem bedarf es Regelungen, damit der erforderliche Neubau schnell realisiert werden kann. Darüber hinaus brauchen wir im Wohnungsbestand neue Ansätze und Ideen für die Förderung sozialen Wohnens. Daraus ergeben sich unsere Strategien für schnellen Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen in Berlin und Pankow.

Wir setzen dabei nicht auf eine „Entweder-Oder-Politik: Städtische Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaftswohnungen, die Eigentumsbildung und Investition durch private Bau- und Wohnungsunternehmen unterstützen alle eine positive Entwicklung am Wohnungsmarkt und verdienen unsere Förderung.

Die in der Strategie für schnellen Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen in Berlin enthaltenen Bausteine erzielen eine hinreichende Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum und realisieren schnell den erforderlichen Wohnungsneubau. Durch diese Effekte schließt sich die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. Neben 30.000 zusätzlichen Wohnungen im städtischen Bestand wird der Neubau von weiteren 30.000 Wohnungen (auch von privaten Trägern) gefördert, weitere 10.000 Wohnungen werden mit Mietpreisbindungen über Belegungsrechte ausgestattet. Ergänzt um ein Familienbaudarlehen (6.500 Wohnungen) sowie die Förderung altersgerechten Wohnens ergibt sich allein aus diesen Bausteinen ein direkter Effekt für mindestens 76.500 Wohnungen. Überlegenswert ist auch die Schaffung von mehr Wohnfläche durch Geschosserweiterungen.

Die Mietenentwicklung in den bestehenden Wohnungsbeständen der Stadt ist von besonderer Bedeutung, denn hier findet soziales Wohnen im Besonderen statt. Um hier politisch gestalten zu können, bedarf es der intensiven Nutzung der vorhandenen Instrumente sowie der Kreativität, diesen Instrumentenkasten zu erweitern. EIne Mietpreisbremse soll hier ebenso zum Einsatz kommen wie ein verbesserter Kündigungsschutz bei Eigenbedarf und der Einsatz von Belegungsrechten, der ganz gezielt in den Kiezen für bezahlbaren Wohnraum im Bestand sorgt.

Mit Hilfe eines landesweiten Wohnungsbaufonds können die geförderte Miete, die Belegungsrechte und die Familienbaudarlehen sowie die Förderung des altersgerechten Wohnens finanziert werden.

Darüber hinaus rege ich die Einrichtung einer stadtweiten Online-Plattform für Wohnungstausch an, um eine bessere Wohnraumnutzung auf freiwilliger Basis zu ermöglichen. Die Möglichkeiten des Internet als Tauschplattform können somit auch in der Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik aktiv genutzt werden.

Piratenpartei: Fabricio do Canto

Steigenden Mieten Einhalt zu gebieten ist ein Problem, das sich nicht von heute auf morgen lösen lässt. Stadtentwicklung, die auch die Mieten beeinflusst, soll in unseren Augen offen für alle sein und transparent gestaltet werden. Aktuell sollte neben der Anpassung und der transparenteren Ermittlung der Richtwerte für die Mieten, es entscheidend sein, neuen Wohnraum zu schaffen, der preislich und gestalterisch die „Berliner Mischung“, also eine bunte soziale Mischung, unterstützt. Hierfür möchte ich auf ein Beispiel aus meinem Geburtsland Brasilien verweisen: Dort finanziert jedes reiche Kind neben seinem eigenen Schulplatz auch den Schulplatz eines armen Kindes. Für die Mietpreise gilt es also, eine solidarische und ausgleichende Lösung zu finden.

Der Kandidat der FDP, Linus Vollmar, hat sich bis Fristende nicht zur Fragestellung geäußert.

*Die Reihenfolge der Beiträge ergibt sich aus den Wahlergebnissen der letzten Bundestagswahl im Bezirk.

QIEZ hat die Direktkandidaten aller zwölf Wahlkreise befragt und wird die Ergebnisse nach und nach online stellen.

Hier können Sie die Kommentare der Kandidaten anderer Wahlkreise lesen:

Was tun gegen steigende Mieten im Wahlkreis Pankow?, Raumerstraße 9, 10437 Berlin

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